Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 06875
Objekt: Transparent


Transparent "GEGEN KRANKENHAUSNOTSTAND SOFORT WEHRERSATZDIENST"

Das weiße Papiertransparent (Schrifttafel) mit der grünen vierzeiligen Aufschrift "GEGEN KRANKENHAUSNOTSTAND SOFORT WEHRERSATZDIENST" wurde während der Friedlichen Revolution auf der Leipziger Montagsdemonstration am 23. Oktober 1989 getragen. Das beschriftete Papier ist an den Seiten umgeschlagen und mit transparentem Klebeband auf einer Pappe befestigt. Eine (Trage-)Stange, die auf der Rückseite der Pappe an zwei Schellen festgemacht werden kann, fehlt. Die Forderung auf dem Transparent entstand unter dem Eindruck der seit Sommer 1989 anhaltenden Massenflucht von DDR-Bürgern. Zehntausende verließen das Land über Ungarn, Polen und die CSSR in Richtung Westen. Dieser Exodus hatte massive Folgen für die marode Volkswirtschaft. Auch die medizinische Versorgung der Bevölkerung war aufgrund des fehlenden Fachpersonals in Gefahr. Daher plädierten die Demonstranten auch für einen Wehrersatzdienst der u.a. in den Krankenhäusern abgeleistet werden sollte, um fehlendes Personal zu ersetzen. Die Rufe nach einem Wehrersatzdienst waren nicht neu, bereits seit Anfang der 1980er Jahre forderten Friedensaktivisten in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die Einführung eines sozialen Friedensdienstes als Alternative zum Wehrdienst. Mit der vom Ministerrat der DDR beschlossenen "Verordnung über den Zivildienst", die am 1. März 1990 in Kraft trat, wurde diese Forderung umgesetzt. Damit begann man auch noch in der DDR mit dem Aufbau eines Zivildienstes.

Nach dem 9. Oktober 1989 beteiligten sich immer mehr Menschen an Demonstrationen und Kundgebungen. Der Aufbruch erfasste zunehmend das ganze Land. Mit der Eroberung der Straße wurden dort die entscheidenden politischen Forderungen gestellt. Der Druck der Straße zeigte Wirkung. Die Führungsriege der SED entschloss sich am 17. Oktober 1989 zum Sturz von Erich Honecker. Neuer Generalsekretär wurde der bereits zuvor als "Kronprinz" gehandelte Egon Krenz. Dessen Machtübernahme war eine deutliche Absage der SED an einen radikalen Kurswechsel. Trotzdem verkündete Krenz, dass die SED die "Wende" eingeleitet habe. In Leipzig wuchs die Zahl derer, die an den Montagsdemonstrationen teilnahmen, rapide. Noch mehr Demonstranten reisten dafür aus den benachbarten Bezirken an. Am 23. Oktober 1989 zogen im Anschluss an die Friedensgebete etwa 200.000 Menschen friedlich um den Leipziger Ring. Erstmals äußerten viele von ihnen selbstbewusst ihre Forderungen auf Transparenten. Sie verlangten vor allem die Zulassung des Neuen Forums, die Freilassung von politischen Häftlingen und Reisefreiheit. Um eine Eskalation vor dem Gebäude der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS), der "Runden Ecke", zu verhindern, bildeten Demonstranten an diesem Tag davor erstmals eine Menschenkette. Direkt vor dem Eingang stellten Demonstranten auch Kerzen ab.


Sammlung: Transparente
Datierung: 23.10.1989
Hersteller: Lutz Klinger
Maße: Länge: 53 cm; Breite: 78,5 cm
Material: Klebeband: Kunststoff,
Haken: Metall,
Blatt: Papier,
Unterlage: Pappe
Farbe: Haken: silber,
Aufschrift: dunkelgrün, hellgrün,
Blatt: weiß
Verwendung: Protest und Demonstrationen




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ausgedruckt am 16.04.2024