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Inventar-Nr: 10285
Objekt: Telefonkarte


Telefonkarte des Ministeriums für Staatssicherheit (Phantasieprodukt)

Nach der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und seines Nachfolgers des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) im Jahr 1990 tauchten verschiedene Objekte auf die man irrtümlich der Stasi zuordnete, die aber nicht von ihr stammen. Es handelt sich dabei um reine Phantasieprodukte ohne zeitgenössischen Hintergrund, aber auch um Fälschungen nach originalen Vorbildern. Ein großer Teil dieser Objekte kommt aus dem Bereich des Auszeichnungswesens, z.B. angefertigte Medaillen für Sammler, und dem Bereich der Uniformeffekten. Die Produktion solcher vermeintlicher "Originale" war und ist auch heute noch der offensichtliche Versuch am "Mythos Stasi" zu partizipieren.

Bei der vorliegenden vermeintlichen Stasi-Telefonkarte handelt es sich um ein solches Phantasieprodukt bzw. um eine Fälschung. Die grüne Plastikkarte mit der Standardgröße für Telefonkarten trägt beidseitig das fortlaufende Kürzel "MFS", ein erster Hinweis darauf, dass sie nicht echt sein kann. Die Stasi hätte sich mit diesem Kürzel vermutlich nicht selbst dekonspiriert. Auf der Vorderseite sind weiterhin die Gebühreneinheiten (500) und das angebliche Herstellungs- bzw. Ausgabejahr "1989" angegeben. Das es sich um kein Original handeln kann fällt spätestens auf, wenn man sich das aufgedruckte Staatswappen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ansieht. Dieses ist verfremdet, der Hammer im Ährenkranz zeigt in die falsche Richtung (vgl. das richtige Staatswappen der DDR). Um den Eindruck der Echtheit zu verstärken ist vorn zusätzlich die diagonale rote Aufschrift "NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH" aufgedruckt. Sie soll auf die im MfS geltende allgemeine Geheimhaltung hinweisen. Auf der Rückseite ist die Karte mit einem Magnetstreifen versehen. Viele Händler und Sammler, für die diese Telefonkarte gedacht war, fielen auf die vermeintliche "Rarität" herein. Wie 1995 bekannt wurde, gab ein Privatmann diese Karte in Auftrag und ließ sie in einer Auflage von 70.000 Stück von der Oldenburger Spezialfirma Novacard herstellen um sie dann auf den Markt zu bringen. Auch heute noch sind diese Karten im Umlauf und werden von vielen als echte Hinterlassenschaft der Stasi angesehen und auch so behandelt.

Obwohl die DDR immer bestrebt war ihre wissenschaftlich-technologische Unterlegenheit gegenüber dem Westen aufzuholen, u.a. durch intensive Wirtschafts- und Technologiespionage durch die Hauptverwaltung Aufklärung (Auslandsspionage), war im Bereich der Telekommunikation noch lange nicht der technische Standard erreicht, der es erlaubt hätte Telefonkarten einzusetzen. So waren schon normale Telefonanschlüsse für die Volkswirtschaft, aber vor allem für die normalen DDR-Bürger knapp. So wartete man in der Regel 10-20 Jahre auf einen privaten Telefonanschluss.


Sammlung: Varia
Datierung: ab 1990
Hersteller: Novacard
Maße: Höhe: 5,4 cm; Breite: 8,5 cm
Material: Kunststoff
Farbe: Karte: grün,
Aufdruck: schwarz, rot,
Streifen: braun
Verwendung: Telefonieren, Handel mit Phantasieprodukten und Fälschungen





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ausgedruckt am 19.03.2024