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Inventar-Nr: 11343
Objekt: Transparent


Transparent "Dieser Prozeß ist eine Farce. STASI-GENERAL HUMMITZSCH war mitverantwortlich für das Funktionieren des SED-Unrechtssystems" des Bürgerkomitee Leipzig e.V.

Das braune Papptransparent (Schrifttafel) mit der schwarz und rot gemalten sechszeiligen Aufschrift "Dieser Prozeß ist eine Farce STASI-GENERAL HUMMITZSCH war mitverantwortlich für das Funktionieren des SED-Unrechtssystems" fertigte das Bürgerkomitee Leipzig e.V. an. Es zog damit am 22. Juni 1994 vor den Gerichtssaal des Leipziger Landgerichtes und informierte die Öffentlichkeit über den an diesem Tag stattfindenden Prozess gegen den ehemaligen Leiter der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS), Generalleutnant Manfred Hummitzsch (abgebildet auf dem Foto auf der Schrifttafel) und seine drei Stellvertreter (Klaus Brüning, Reinhard Eppisch und Dieter Müller). Das Bürgerkomitee bezeichnete den Prozess schon vor Beginn als Farce. Denn obwohl die ehemaligen leitenden Stasi-Mitarbeiter sich der angeordneten und vorgenommenen flächendeckenden Überwachung der Bürger, in diesem Verfahren der im Zeitraum von Herbst 1985 bis Oktober 1989 ohne gesetzliche Grundlage durchgeführten Überwachung von Telefonanschlüssen in 56 Fällen, zu verantworten hatten, wurde bereits im Vorfeld mit einem Freispruch gerechnet. Da der Bundesgerichtshof (BGH) bereits in ähnlichen Fällen Verurteilungen aufgehoben hatte, vermutete das Bürgerkomitee - zu recht - das die Angeklagten ungeschoren davonkommen. So kam es dann auch, das Landgericht sprach den ehemaligen Stasi-Chef Hummitzsch und die drei Mitangeklagten vom Vorwurf der illegalen Telefonüberwachung unter der Begründung frei, das im Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die Telefonüberwachung nicht unter Strafe gestellt war und somit auch nach der deutschen Wiedervereinigung dafür DDR-Bürger nicht strafrechtlich belangt werden können. Das Gericht stellte aber trotzdem eindeutig fest: "Telefonabhörungen waren, sind und bleiben ungesetzlich. Die Menschenrechte wurden mit Füßen getreten." Während des gesamten Prozesses protestierte das Bürgerkomitee gegen die gängige juristische Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit und kritisierte die "Sanktionierung" des vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) im Auftrag der SED begangenen Unrechts (vgl. auch die Protestaktionen des Bürgerkomitees gegen Markus Wolf und Gregor Gysi).

Für die Telefonüberwachung war im MfS die Abteilung 26 zuständig ("Auftrag A"). Diese handelte zumeist im Auftrag anderer Abteilungen. Zu ihren Aufgabenbereichen zählte auch der Einsatz zahlreicher weiterer operativ-technischer Mittel und Methoden. So verantwortete sie daneben auch die Überwachung durch "Wanzen" ("Auftrag B") oder die Videoüberwachung ("Auftrag D"). Für den Einbau von Wanzen in private Räume brach sie zudem gemeinsam mit den Mitarbeitern der Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung) heimlich in die Wohnungen der verdächtigten Personen ein (vgl. Objekte zu "konspirativen Wohnungsdurchsuchungen").


Sammlung: Transparente
Datierung: 22.06.1994
Hersteller: Bürgerkomitee Leipzig
Maße: Länge: 117,5 cm; Breite: 176 cm
Material: Papier, Pappe
Farbe: Foto: schwarz-weiß,
Aufschrift: rot, schwarz,
Unterlage: braun
Verwendung: Protest und Demonstrationen




Jede Nutzung der Fotos, auch für private Zwecke, darf nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Bürgerkomitees Leipzig e.V. bzw. des jeweiligen Fotografen erfolgen.
ausgedruckt am 20.04.2024