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Inventar-Nr: 11346
Objekt: Transparent


Transparent "M. Wolfs nächster Bestseller: KOCHEN IM GULAG" des Bürgerkomitee Leipzig e.V.

Das braune Papptransparent (Schrifttafel) mit der schwarz gemalten zweizeiligen Aufschrift "M. Wolfs nächster Bestseller: 'KOCHEN IM GULAG' " fertigte das Bürgerkomitee Leipzig e.V. an, um damit öffentlich gegen eine Lesung von Markus Wolf in Leipzig zu protestieren. Wolf, langjähriger Chef der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), der "Auslandsspionage" des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), las am 14. Juli 1997 auf Einladung des Veranstalters, der Franz-Mehring-Buchhandlung, aus seinem damals erschienenen Buch "Spionagechef im geheimen Krieg - Eine Erinnerung". Bereits im Vorfeld gab es zahlreiche Proteste gegen die Veranstaltung. Nicht nur das Bürgerkomitee, auch der Bund der Stalinistisch Verfolgten (BSV) sahen in der Lesung von Wolf eine Beleidigung der Opfer des SED-Regimes und betrachteten sie als Provokation. Trotz zahlreicher Proteste in anderen Städten und Absagen hielten die Veranstalter in Leipzig an ihrer Einladung fest. In Anlehnung an ein bereits 1995 erschienenes Kochbuch von Wolf ("Geheimnisse der russischen Küche"), machte das Bürgerkomitee auf dem Transparent gleich einen spöttischen Vorschlag für sein nächstes Buch (vgl. auch weitere Protestaktionen des Bürgerkomitees im Rahmen des Prozesses gegen Manfred Hummitzsch und gegen die MDR-Talksendung mit Gregor Gysi).

Die ursprünglich in den Räumen der Dresdner Bank geplante Buchlesung konnte das Bürgerkomitee nicht verhindern, es erreichte aber, dass die Bank ihre Zusage zurückzog und die Veranstaltung in den Leipziger Studentenclub "Moritzbastei" ausweichen musste. Vor dem Eingang protestierte das Bürgerkomitee gegen diese Veranstaltung mit Transparenten und verteilte Handzettel mit einer Presseerklärung in der dem ehemaligen Stasi-Generaloberst die Mitverantwortung "für die Verbrechen und gesellschaftlichen Deformationen der 40-jährigen SED-Diktatur" vorgeworfen wurden. Vor allem die in seinem Buch vertretene Auffassung, dass die HVA nur Auslandsspionage betrieben hätte, widerlegte das Bürgerkomitee als Lüge. Stattdessen wurde unmissverständlich klargestellt, dass sich die HVA als fester Bestandteil des MfS bis zum Ende an den menschenverachtenden Praktiken des Ministeriums beteiligte. Ohne die flächendeckende Überwachung der eigenen Bevölkerung, vor allem dessen Westkontakte, hätte die Abteilung von Markus Wolf keine Arbeitsgrundlage gehabt. So bediente sie sich der Ergebnisse der Telefonüberwachung und Postkontrolle, griff gezielt auf die Akten in den Stasi-Archiven zu oder gab Beobachtungen und Ermittlungen in Auftrag. Wie alle anderen Stasi-Abteilungen warb und setzte sie Inoffizielle Mitarbeiter (IM) ein.

Nicht zuletzt die vom Bürgerkomitee nach der Besetzung der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS) sichergestellten Akten haben bewiesen, dass die Spionageabteilung an der Repression nach Innen beteiligt war (vgl. die Aktenvernichtung durch die Staatssicherheit). Eine erste Auswertung der Akten dieser Abteilung im Jahr 1990 zeigte bereits, das es sich beim Großteil der eingesetzten IM um Bürger der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) handelte, die nur wenige Tage im Jahr im "Operationsgebiet" (Bundesrepublik und West-Berlin) tätig waren. Den überwiegenden Teil des Jahres lebten und arbeiteten sie in Leipzig, bespitzelten das eigene Umfeld und waren auch direkt an Zersetzungsmaßnahmen beteiligt.


Sammlung: Transparente
Datierung: 14.07.1997
Hersteller: Bürgerkomitee Leipzig
Maße: Länge: 48,7 cm; Breite: 151 cm
Material: Pappe
Farbe: Aufschrift: schwarz,
Unterlage: braun
Verwendung: Protest und Demonstrationen




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ausgedruckt am 19.04.2024