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Inventar-Nr: 15797
Objekt: Abzeichen


Abzeichen der Aktion "MOBIL OHNE AUTO" 1983 in Leipzig

Mit diesem selbst gefertigten Abzeichen wurde 1983 für die Umweltaktion "Mobil ohne Auto" in Leipzig geworben. Es handelte sich dabei um eine jährlich von den Umweltgruppen unter dem Dach der Evangelischen Kirche veranstaltete symbolische Aktion. Sie fand in verschiedenen Orten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an einem Wochenende im Rahmen des Weltumwelttages statt. Das vorliegende Abzeichen besteht aus einem farbig bemalten (eventuell auch im Siebdruck hergestellten) hellgrauen Textilgewebestück, auf das vermutlich Tapetenkleister aufgetragen wurde. Damit sollte das Abzeichen stabiler und witterungsbeständiger gemacht werden. Das entworfene Logo zeigt in einem schwarzen Rahmen die stilisierten Darstellungen eines Fahrrades und eines Baumes zwischen den Aufschriften "MOBIL OHNE AUTO" und LEIPZIG ´83" (vgl. auch das selbst gefertigte Abzeichen von 1984 und ein Abzeichen der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR).

Die Aktion "Mobil ohne Auto" fand 1983 in Leipzig und in anderen Städten am 4. und 5. Juni statt. Einige Jahre später sorgten in Leipzig zwei andere Protestaktionen für öffentliches Aufsehen, die ebenfalls am Weltumwelttag stattfanden. Während mit dem 1. Pleißemarsch am 5. Juni 1988 die erste größere Aktion stattfand, mit der einige der Leipziger Umweltgruppen aus dem kirchlichen in den gesellschaftlichen Raum vorstießen, gehörte der 2. Pleißegedenkumzug am 4. Juni 1989 mit zu den Aktionen, die den späteren gesellschaftlichen und politischen Umbruch 1989/90 einleiteten.

Seit 1981 rief das Kirchliche Forschungsheim Wittenberg (KFH) alljährlich dazu auf, jeweils am ersten Juni-Wochenende des Jahres auf das Auto zu verzichten. Stattdessen schlossen sich kirchliche Jugend- und Umweltgruppen zu Radtouren zusammen und organisierten dazu thematische Veranstaltungen und Umweltgottesdienste. Die Teilnehmer wiesen mit ihren Aktionen auf den schädlichen Kohlendioxid-Gehalt der Luft und auf andere Umweltzerstörungen in der DDR hin. Weil aber sämtliche Lebensbereiche vom Staat vereinnahmt waren, wiesen die harmlosen aber öffentlichkeitswirksamen Fahrraddemonstrationen einen hohen Politisierungsgrad auf. In den Fokus des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gerieten die Initiatoren und Teilnehmer solcher Veranstaltungen, weil sie die gesellschaftlichen Lebensumstände kritisierten und damit das Selbstverständnis der SED als "führende" und "fortschrittliche" Kraft der Gesellschaft in Frage stellten. 1983 wurde von der Volkspolizei eine Anweisung herausgegeben, in der die Verfahrensweise mit den "Nichtgenehmigten Gruppenfahrten" geregelt war. Die Teilnehmer der Fahrraddemonstrationen wurden demnach kriminalisiert und mussten mit polizeilicher Strafverfolgung rechnen. Dennoch duldete der Staat die Aktionen, die jedes Jahr auch in Leipzig stattfanden, gerade noch. Die Staatssicherheit überwachte die Aktivitäten der kirchlichen Umweltbewegung jedoch sehr genau.


Sammlung: Sonstiges
Datierung: 06.1983
Hersteller: unbekannt
Maße: Breite: 114 mm; Länge: 88 mm
Material: Leinen
Farbe: Tuch: hellgrau,
Aufdruck: mehrfarbig
Verwendung: Protest und Demonstrationen




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ausgedruckt am 28.03.2024