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Inventar-Nr: 15801
Objekt: Abzeichen


Abzeichen der Aktion "mobil ohne auto" während der Umweltwoche 1985 in Leipzig

Mit diesem selbst gefertigten Abzeichen wurde 1985 für die Umweltaktion "Mobil ohne Auto" in Leipzig geworben. Es handelte sich dabei um eine jährlich von den Umweltgruppen unter dem Dach der Evangelischen Kirche veranstaltete symbolische Aktion. Sie fand in verschiedenen Orten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an einem Wochenende im Rahmen des Weltumwelttages statt. Das vorliegende Abzeichen besteht aus einem farbig bemalten (eventuell auch im Siebdruck hergestellten) und zugeschnittenen weißen Stück Textilgewebe, auf das vermutlich Tapetenkleister aufgetragen wurde. Damit sollte das Abzeichen stabiler und witterungsbeständiger gemacht werden. Das entworfene Logo zeigt in der Mitte eine stilisierte Weltkugel mit Gradnetz und dem Naturschutzsymbol (Eule) davor. Unter der Weltkugel verläuft die Umschrift "Umweltwoche Leipzig ´85". Über der Abbildung ist die Aufschrift "LEBENS RÄUME" und unter der Abbildung die Aufschrift "mobil ohne auto" zu lesen (vgl. auch das selbst gefertigte Abzeichen von 1983 und ein Abzeichen der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR).

In Leipzig fand die Aktion "Mobil ohne Auto" 1985 im Rahmen der vom 2. bis 9. Juni begangenen "Woche der Verantwortung für die Schöpfung" der Evangelischen Kirchen statt. Es wurde eine Radtour durchgeführt, die ins Braunkohlentagebaugebiet im Süden der Stadt führte (vgl. auch die Umweltaktion "1 Mark für Espenhain" von 1988/89).

Seit 1981 rief das Kirchliche Forschungsheim Wittenberg (KFH) alljährlich dazu auf, jeweils am ersten Juni-Wochenende des Jahres auf das Auto zu verzichten. Stattdessen schlossen sich kirchliche Jugend- und Umweltgruppen zu Radtouren zusammen und organisierten dazu thematische Veranstaltungen und Umweltgottesdienste. Die Teilnehmer wiesen mit ihren Aktionen auf den schädlichen Kohlendioxid-Gehalt der Luft und auf andere Umweltzerstörungen in der DDR hin. Weil aber sämtliche Lebensbereiche vom Staat vereinnahmt waren, wiesen die harmlosen aber öffentlichkeitswirksamen Fahrraddemonstrationen einen hohen Politisierungsgrad auf. In den Fokus des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gerieten die Initiatoren und Teilnehmer solcher Veranstaltungen, weil sie die gesellschaftlichen Lebensumstände kritisierten und damit das Selbstverständnis der SED als "führende" und "fortschrittliche" Kraft der Gesellschaft in Frage stellten. 1983 wurde von der Volkspolizei eine Anweisung herausgegeben, in der die Verfahrensweise mit den "Nichtgenehmigten Gruppenfahrten" geregelt war. Die Teilnehmer der Fahrraddemonstrationen wurden demnach kriminalisiert und mussten mit polizeilicher Strafverfolgung rechnen. Dennoch duldete der Staat die Aktionen, die jedes Jahr auch in Leipzig stattfanden, gerade noch. Die Staatssicherheit überwachte die Aktivitäten der kirchlichen Umweltbewegung jedoch sehr genau.


Sammlung: Sonstiges
Datierung: 06.1985
Hersteller: unbekannt
Maße: Breite: 57 mm; Länge: 83 mm
Material: Leinen
Farbe: Tuch: weiß,
Aufdruck: mehrfarbig
Verwendung: Protest und Demonstrationen




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ausgedruckt am 16.04.2024