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Inventar-Nr: 17099
Objekt: Plakat


Veranstaltungsplakat des Leipziger Straßenmusikfestivals 1989

Mit solchen handgemalten Plakaten luden verschiedene Leipziger Oppositionsgruppen die Bevölkerung zum Straßenmusikfestival am 10. Juni 1989 ein. Angefertigt hat es Katrin Hattenhauer, eine der Initiatoren und auch Akteurin des Festivals. Obwohl die Organisatoren mit der Veranstaltung vordergründig das Ziel verfolgten, die Stadt für einen Tag mit Leben zu erfüllen, wollten sie damit außerdem auch öffentlich ein Zeichen für die Legalisierung von Straßenmusik setzen. In Vorbereitung des Festes wurden neben handgemalten Plakaten auch illegal hergestellte Aufkleber im gesamten Stadtgebiet angebracht. Sie waren allerdings nach wenigen Stunden wieder heruntergerissen. Weiterhin verteilte man selbst gefertigte Handzettel die auf das Festival aufmerksam machten und Einladungen auf denen zum mitmachen aufgerufen wurde.

Straßenmusik betrachteten die Behörden in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), wie alle spontanen Aktivitäten, stets misstrauisch und duldeten sie nur in wenigen Städten nach vorheriger staatlicher Genehmigung. Um öffentlich auftreten zu dürfen, benötigten Musiker eine Spielerlaubnis. Über deren Erteilung entschieden nicht nur künstlerische, sondern auch politische Kriterien. Trotz intensiver Bemühungen um eine staatliche Erlaubnis für das geplante Straßenmusikfestival in Leipzig wurde - wie zu erwarten - auch diese Veranstaltung von den staatlichen Stellen verboten. Als Begründung gab man an, dass am gleichen Tag das Pressefest der Bezirkszeitung der SED "Leipziger Volkszeitung" (LVZ) stattfand und keine Konkurrenzveranstaltung geduldet würde. Ab Mai luden die Organisatoren trotzdem zahlreiche Musikgruppen in der DDR zum Straßenmusikfestival ein. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) erfuhr unter anderem durch die Postüberwachung davon und legte einen umfangreichen Maßnahmeplan fest, um das Festival zu verhindern. Für den 10. Juni wurde von der Staatssicherheit als Arbeitsorgan eine operative Stabsgruppe unter Leitung der Arbeitsgruppe Aktionen und Einsätze (AG AuE) gebildet. Über die Versuche zur Verhinderung der Veranstaltung wurde die SED minutiös durch die Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS) informiert. Trotz des Verbotes trafen viele Musiker aus der ganzen DDR in Leipzig zusammen und spielten zur Freude der Passanten am 10. Juni bis in die Mittagsstunden in der Innenstadt. Gegen 12.00 Uhr fuhr plötzlich die Volkspolizei vor und lud die Musiker samt ihrer Instrumente brutal auf Lastkraftwagen (LKW). Die Verhaftungen dauerten bis zum Nachmittag an. An diesem Tag wurden im Zusammenhang mit dem Musikfestival auf den Straßen Leipzigs 84 Personen festgenommen und Ordnungsstrafen in Höhe von insgesamt 8.450 (DDR-)Mark verhängt. Bei vielen Zeugen lösten die Übergriffe der Sicherheitsorgane Entsetzen und Unverständnis aus. So wurde aus "unbeteiligten Passanten eine protestierende Menge". Diese Einschätzung, die Vaclav Havel im Frühjahr 1989 vor einem Prager Gericht äußerte, traf auch für Leipzig zu.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 10.06.1989
Hersteller: Katrin Hattenhauer
Maße: Breite: 51 cm; Länge: 75 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: rotbraun,
Zeichnung: schwarz, violett,
Aufschrift: schwarz
Verwendung: Protest und Demonstrationen, Information




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ausgedruckt am 29.03.2024