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Inventar-Nr: 17468
Objekt: Handzettel


Flugblatt mit Aufruf der Christlich Sozialen Partei Deutschlands "an alle Einwohner unseres Landes!"

Dieses zweifach gefaltete Flugblatt mit dem Gründungsaufruf der Christlich Sozialen Partei Deutschlands (CSPD) verteilte man im Dezember 1989 und Anfang Januar 1990 auf den Leipziger Montagsdemonstrationen. Die CSPD wurde am 7. Dezember 1989 in Leipzig von Pfarrer Hans-Wilhelm Ebeling und Rechtsanwalt Peter-Michael Diestel gegründet. Die christlich-konservative Partei unterstützte das von Bundeskanzler Helmut Kohl am 28. November 1989 vorgelegte 10-Punkte-Programm. In dem Aufruf standen daher die Forderungen nach Verabschiedung eines Wahlgesetzes, der Durchführung freier, geheimer und direkter Wahlen, der Einführung sozialer Marktwirtschaft, der Überwindung des Sozialismus und das Streben nach einer Konföderation beider deutscher Staaten besonders im Vordergrund. Die Partei hatte aber keinen langen Bestand, im Januar 1990 schloss sie sich unter dem Einfluss der bayerischen Christlich Sozialen Union (CSU) mit weiteren Basisgruppen und Parteien zur Deutschen Sozialen Union (DSU) zusammen. Diestel, der in der DSU das Amt des Generalsekretärs begleitete, wurde nach den ersten freien Wahlen zur Volkskammer in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 18. März 1990 zum Innenminister gewählt.

Im Sommer 1989 traten verschiedene Oppositionelle mit programmatischen Gründungsaufrufen an die Öffentlichkeit. Erstmals wagten sie den entscheidenden Schritt, der SED als oppositionelle Alternative offen entgegenzutreten. Zwischen September und November 1989 formierten sich die Bürgerbewegungen Neues Forum (NF), Demokratie Jetzt (DJ), Demokratischer Aufbruch (DA) und die linksorientierte Initiativgruppe Vereinigte Linke (VL). Sogar eine sozialdemokratische Partei wurde gegründet. Die neuen politischen Gruppierungen entfalteten innerhalb kurzer Zeit eine enorme Breitenwirkung und wurden zur Triebkraft für die Friedliche Revolution. Deutliche Differenzen gab es jedoch bei der Wahl der Organisationsformen. Einige Gruppen verstanden sich als basisdemokratisch organisierte Interessenvertretung. Andere strebten bereits feste, parteiähnliche Strukturen an. Mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 war eine zentrale Forderung der DDR-weiten Protestbewegung erfüllt. Die Massenproteste aber gingen weiter und forderten nun das Ende der SED-Diktatur. Mit der Etablierung von "Runden Tischen" gelang der Opposition ein wichtiger Schritt, das Machtmonopol der SED und ihrer Blockparteien zu brechen. Bis zum Ende des Jahres 1989 beendeten nach und nach die Blockparteien (z.B. Ost-CDU und LDPD) ihre Mitarbeit in den Ausschüssen der Nationalen Front der DDR. Parallel dazu bemühten sie sich unter westlicher Anleitung um Profilierung - vielfach wurden sie, trotz nahezu unverändertem Funktionärsapparat, als neue politische Kräfte von der DDR-Bevölkerung akzeptiert. Auch die Bürgerrechtsbewegung profilierte sich weiter. Der DA konstituierte sich Mitte Dezember in Leipzig als Partei und vollzog den programmatischen Wandel zu sozialer Marktwirtschaft und deutscher Einheit. Die zum Teil noch sozialistische und basisdemokratische Ausrichtung vieler Gruppen führte Ende 1989 zu einer Gründungswelle neuer politischer Parteien mit größtenteils christlich-konservativer oder liberaler Ausrichtung. Vielen dieser neuen Parteien, die sich als Ableger bundesdeutscher Parteien verstanden, war aber keine lange Lebensdauer beschieden, meist gingen sie in anderen Parteien auf.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 12.1989
Hersteller: Christlich Soziale Partei Deutschlands (CSPD)
Maße: Breite: 9,9 cm; Länge: 21 cm; Breite: 29,6 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: gelb,
Aufdruck: blau
Verwendung: Information, Werbung





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ausgedruckt am 28.03.2024