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Inventar-Nr: 00036
Objekt: Rändelapparat


Rändelapparat (Abrollvorrichtung für Einfassband)

Bei dem vorliegenden Teil das aus der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS) stammt, handelt es sich um einen einfachen Rändelapparat. Dieser wurde im Auftrag der Abteilung M, die für die Kontrolle des Brief-, Paket- und Telegrammverkehrs zuständig war, vom Operativ-technischen Sektor (OTS) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) entwickelt und angefertigt. Der Apparat diente den Mitarbeitern der Abteilung M dazu, die Seiten der aus den Karteikarten M 10 hergestellten "Aufbewahrungstaschen" mittels eines selbstklebenden Einfassbandes zu verschließen. In solchen zum "Taschenformat" verarbeiteten Karteikarten bewahrte die Stasi u.a. die Mikroverfilmungen der von ihr geöffneten Briefe auf. Die auf diese Weise gespeicherten Schriftproben verwendete sie als Vergleichsmaterial für Fahndungen (Schriftenvergleich).

Dieser Rändelapparat besteht aus einem Grundkörper aus Metall mit einer silbergrauen Einbrennlackierung in Hammerschlagstruktur an dem die anderen Teile angebaut sind. Damit die Apparatur befestigt werden kann, z.B. an einer Tischplatte, ist sie mit einer Klemmschraube (Zwinge) ausgestattet. Das Funktionsprinzip des Apparates ist relativ einfach. Die Karteikarte wird an dem Falz des angeschraubten Aluminiumbleches angelegt und mit Hilfe der Handkurbel durch die zwei Andruckwalzen hindurchgeführt. Im gleichen Arbeitsgang legt sich das Einfassband, das von der braunen Kunststoffscheibe ("Bandteller") am Arm des Grundkörpers über einen Umlenkstift geleitet abläuft, um die Seiten der Karteikarte und wird angepresst. Eine per Hand zu bedienende Schneidvorrichtung hinter den Andruckwalzen durchtrennt das Einfassband. Die Andruckkraft für die Walzen wird über eine Spiralfeder erzeugt die mit einer Justierschraube nachgespannt werden kann (vgl. einen weiteren Rändelapparat gleichen Typs). Aufgrund mehrerer Arbeitsgänge - die Karteikarten mussten nacheinander an drei Seiten verschlossen werden - war ein hoher Zeitaufwand erforderlich. Dies aber auch die ungleichmäßige Berändelung, den Antrieb über die Handkurbel und die daraus resultierenden Korrekturen bemängelte die Stasi. Aus diesen Gründen testete sie im Rahmen eines "Neuerervorschlages" eine weiter entwickelte, mit einem Elektromotor betriebene und mit einem der Kartengröße angepassten Blech ausgerüstete Rändelmaschine. In den Testergebnissen zeigte sich u.a., das mit der neuen Rändelmaschine zehn Karteikarten in nur noch 44 s bearbeitet werden konnten, mit dem einfachen Rändelapparat mit Handkurbel waren dafür noch 120 s notwendig.

In Leipzig arbeitete die Abteilung M u.a. in der dritten Etage im Bahnpostamt (BPA) der Deutschen Post (unter dem Tarnnamen "Stelle 12") sowie im Hauptpostamt 18 (als "Postzollfahndung"). Legendiert durch Uniformen und Dienstausweise der Deutschen Post sollten die Angehörigen der Abteilung M den echten Postmitarbeitern nicht als Stasi-Mitarbeiter auffallen. Sie sortierten alle Sendungen aus, deren Adressen sich in der "Anschriftenfahndung" befanden oder anderweitig verdächtig erschienen. In großen Kuriertaschen wurden die Briefe in die Bezirksverwaltung transportiert und mit speziellen Geräten "aufgedampft", häufig kopiert und dann wieder verschlossen. Für intensivere Untersuchungen, z.B. für die Suche nach Geheimbotschaften, betrieb die Abteilung M der BVfS Leipzig seit 1986 auch einen eigenen Labor- und Untersuchungskomplex in der "Runden Ecke".


Sammlung: Postkontrolle
Datierung: 1980er Jahre
Hersteller: Ministerium für Staatssicherheit
Maße: Länge: 32 cm; Breite: 21 cm; Höhe: 12 cm
Material: Grundkörper: Metall,
Blech: Aluminium,
Schraube: Eisen,
Kurbel: Kunststoff
Farbe: Blech: silber,
Grundkörper: silbergrau,
Scheibe: braun-meliert,
Kurbel: schwarz
Verwendung: Herstellen von Aufbewahrungstaschen aus der Karteikarte M 10, Verschließen von Aufbewahrungstaschen aus der M-Kartei









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