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Inventar-Nr: 00060
Objekt: Stempelmappe


Mappe (Münzalbum) mit Poststempeln

Dieses zur Aufbewahrung von Poststempeln zweckentfremdete Münzalbum wurde im Zuge der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) 1989/90 in der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS) sichergestellt. Die Stempelplatten bzw. Klischees befinden sich in 9 transparenten Einsteckhüllen (Klarsichttaschen). Zum Zwecke der Zuordnung wurde von jedem Stempel auf einer der 10 eingehefteten Karteikarten (DIN A5) auch noch ein Abschlag (Stempelbild) gemacht. Bei den Stempeln handelt es sich um von der Stasi gefälschte Poststempel aus der DDR, der Bundesrepublik Deutschland, Westberlin und dem sozialistischen sowie nichtsozialistischen Ausland. Möglicherweise stammen einige der Stempel aber auch direkt aus dem Bestand der Deutschen Post (DP) bzw. den jeweiligen Postämtern. Wie lange diese Stempel von der Stasi eingesetzt wurden konnte bisher noch nicht nachgewiesen werden, einige der Stempel waren aber zum Zeitpunkt ihrer Sicherstellung schon länger nicht mehr gültig (vgl. einen Fauststempel aus der Leipziger BVfS).

Das MfS verfügte für seine konspirative Arbeit über eine große Anzahl von verschiedenen, überwiegend gefälschten Stempeln, so auch über diese im Auftrag der Abteilung M (Postkontrolle) im Ätzungsverfahren hergestellten Stempelklischees verschiedener Poststempel. Diese Klischees konnten unter einem speziellen Fauststempel befestigt und so benutzt werden. Als Vorlage für die Herstellung dienten vermutlich Poststempel auf Originalbriefen. Mit diesen Stempeln entwertete die Stasi nicht nur Briefmarken auf neu angefertigten Umschlägen - dies war notwendig wenn die Originalumschläge beim Öffnen der Briefe beschädigt worden waren - sie stempelte damit auch von ihr fingierte Briefe ab. Mit solchen erfundenen Briefen versuchte die Stasi Personen zu denunzieren und Misstrauen zu verbreiten. Andererseits überprüfte sie damit auch Inoffizielle Mitarbeiter (IM) auf deren "Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit". Für die Herstellung bzw. Bereitstellung von Stempelfälschungen aber auch Ausweisen war im MfS der Operativ-technische Sektor (OTS) zuständig.

In Leipzig arbeitete die Abteilung M u.a. in der dritten Etage im Bahnpostamt (BPA) der Deutschen Post in der Brandenburger Straße (unter dem Tarnnamen "Stelle 12") sowie im Hauptpostamt 18 in der Rohrteichstraße (als "Postzollfahndung"). Legendiert durch Uniformen und Dienstausweise der Deutschen Post sollten die Angehörigen der Abteilung M den echten Postmitarbeitern nicht als Stasi-Mitarbeiter auffallen. Sie sortierten alle Sendungen aus, deren Adressen sich in der "Anschriftenfahndung" befanden oder anderweitig verdächtig erschienen. In großen Kuriertaschen wurden die Briefe dann in die Bezirksverwaltung transportiert und mit speziellen Geräten "aufgedampft", häufig kopiert und wieder verschlossen. Für intensivere Untersuchungen, z.B. für die Suche nach Geheimbotschaften, betrieb die Abteilung M der BVfS Leipzig seit 1986 auch einen eigenen Labor- und Untersuchungskomplex in der "Runden Ecke". Nicht wenige Briefe wurden daraufhin gleich einbehalten. Pakete wurden z.T. mit Sonden untersucht, um ihren Inhalt identifizieren zu können. Auch sämtliche Telegramme wurden durch die Abt. M kontrolliert. Die Dienste der Abteilung M nahmen alle Diensteinheiten in Anspruch. Bei Beobachtungen konnte die Linie VIII auch "Sonderbriefkastenleerungen" beantragen.


Sammlung: Postkontrolle
Datierung: 1980er Jahre
Hersteller: Ministerium für Staatssicherheit
Maße: Stempel: Durchmesser: 32,5 mm;
Karte: Höhe: 21 cm; Breite: 14,8 cm;
Mappe: Höhe: 22,5 cm; Breite: 21,5 cm
Material: Stempel: Zink,
Einsteckhülle: Kunststoff,
Karte: Papier,
Mappe: Metall, Kunststoff
Farbe: Einsteckhülle: transparent,
Karte: grün, rosa,
Stempel: silber,
Mappe: braun
Verwendung: Fälschen von Briefen, Fälschen von Stempelabschlägen, Aufbewahrung von Poststempeln








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