Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 00065
Objekt: Stempelgerät


Poststempel von Leipzig (LEIPZIG C 2 / q)

Bei diesem Leipziger Poststempel (Fauststempel) handelt es sich um einen originalen Vorkriegsstempel der Post, aus dem die Bezeichnung "REICHSMESSESTAND" und das Messezeichen "M" entfernt wurden. Im Abschlag (Stempelbild) des Zweikreisstempels ist jetzt nur noch "LEIPZIG C 2 / q" (Ortsangabe / Unterscheidungsbuchstabe) zu lesen. Sichergestellt wurde der Stempel im Zuge der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) 1989/90 in der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS). Der Handstempel mit abschraubbarem Holzgriff besitzt in der Mitte ein Zahlenwerk zur Einstellung des Datums. Durch eine Feststellschraube an der Seite lässt sich das Zahlenwerk fixieren. Wer genau das Stempelklischee bearbeitet hat und Teile der Beschriftung entfernte ist nicht bekannt, auch nicht wie lange und zu welchem Zweck die Stasi diesen Stempel einsetzte (vgl. eine sichergestellte "Poststempelmappe" mit von der Stasi gefälschten Poststempeln).

Das MfS verfügte für seine konspirative Arbeit über eine große Anzahl von verschiedenen, überwiegend gefälschten Stempeln, so auch über diese im Auftrag der Abteilung M (Postkontrolle) im Ätzungsverfahren hergestellten Stempelklischees verschiedener Poststempel. Diese Klischees konnten unter einem speziellen Fauststempel befestigt und so benutzt werden. Als Vorlage für die Herstellung dienten vermutlich Poststempel auf Originalbriefen. Mit diesen Stempeln entwertete die Stasi nicht nur Briefmarken auf neu angefertigten Umschlägen - dies war notwendig wenn die Originalumschläge beim Öffnen der Briefe beschädigt worden waren - sie stempelte damit auch von ihr fingierte Briefe ab. Mit solchen erfundenen Briefen versuchte die Stasi Personen zu denunzieren und Misstrauen zu verbreiten. Andererseits überprüfte sie damit auch Inoffizielle Mitarbeiter (IM) auf deren "Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit". Für die Herstellung bzw. Bereitstellung von Stempelfälschungen aber auch Ausweisen war im MfS der Operativ-technische Sektor (OTS) zuständig.

In Leipzig arbeitete die Abteilung M u.a. in der dritten Etage im Bahnpostamt (BPA) der Deutschen Post in der Brandenburger Straße (unter dem Tarnnamen "Stelle 12") sowie im Hauptpostamt 18 in der Rohrteichstraße (als "Postzollfahndung"). Legendiert durch Uniformen und Dienstausweise der Deutschen Post sollten die Angehörigen der Abteilung M den echten Postmitarbeitern nicht als Stasi-Mitarbeiter auffallen. Sie sortierten alle Sendungen aus, deren Adressen sich in der "Anschriftenfahndung" befanden oder anderweitig verdächtig erschienen. In großen Kuriertaschen wurden die Briefe dann in die Bezirksverwaltung transportiert und mit speziellen Geräten "aufgedampft", häufig kopiert und wieder verschlossen. Für intensivere Untersuchungen, z.B. für die Suche nach Geheimbotschaften, betrieb die Abteilung M der BVfS Leipzig seit 1986 auch einen eigenen Labor- und Untersuchungskomplex in der "Runden Ecke". Nicht wenige Briefe wurden daraufhin gleich einbehalten. Pakete wurden z.T. mit Sonden untersucht, um ihren Inhalt identifizieren zu können. Auch sämtliche Telegramme wurden durch die Abt. M kontrolliert. Die Dienste der Abteilung M nahmen alle Diensteinheiten in Anspruch. Bei Beobachtungen konnte die Linie VIII auch "Sonderbriefkastenleerungen" beantragen.


Sammlung: Postkontrolle
Datierung: 1930er-1980er Jahre
Hersteller: unbekannt
Maße: Stempelgerät: Höhe: 13,5 cm; Durchmesser: 34 mm;
Stempelklischee: Durchmesser: 32,5 mm;
Abdruck: Durchmesser: 29 mm
Material: Stempelträger: Eisen,
Griff: Holz,
Stempelklischee: Zink
Farbe: Stempelträger: silber,
Griff: braun,
Stempel: silber
Verwendung: Fälschen von Stempelabschlägen, Fälschen von Briefen, Entwerten von Postwertzeichen










IMPRESSUM   |   DRUCKEN