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Inventar-Nr: 02988
Objekt: Kardätsche


Kardätsche

Die Kardätsche, ein unentbehrliches Hilfsmittel für die Herstellung von Perücken und falschen Bärten, stammt aus der Leipziger Maskierungswerkstatt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Die Aufbewahrung von einem Haarbündel zwischen den zwei mit Drahthäkchen durchsetzten Platten ermöglicht, dass einzelne Haare (die so genannten Passées) glatt aus der Kardätsche gezogen und somit leichter weiterverarbeitet werden können, z.B. zu einer Haarfransenschnur (Tresse). Diese kann dann als Grundlage für eine Perücke dienen.

Die Kardätsche ist nur ein Beispiel von vielen aus der reichhaltigen Maskierungswerkstatt, die das Bürgerkomitee Leipzig während der Auflösung des MfS im Winter 1989/90 in der Paul-Heyse-Str. 8 in Leipzig-Schönefeld aufdeckte. In dem als Außenstelle des VEB Wärmegerätewerkes Dresden getarnten Haus wurden zahlreiche weitere Utensilien gefunden. Perücken, falsche Bärte, künstliche modellierbare Hautfalten und weitere Utensilien dienten den Mitarbeitern der Linie VIII (Beobachtung / Ermittlung) zur "Maskierung" (Verkleidung). Auf diese Weise getarnt, sollten die Stasi-Mitarbeiter unerkannt, also "konspirativ", zur "Lösung operativer Aufgaben" beitragen, z.B. bei der Observierung bestimmter Personen im Rahmen von "Operativen Personenkontrollen" (OPK) oder "Operativen Vorgängen" (OV). In der "Operativen Personenmaskierung" (OPM) sah das MfS "ein wirksames Mittel zur besseren Wahrung der Konspiration", deren Einhaltung für jeden verdeckt arbeitenden Stasi-Mitarbeiter oberstes Gebot war (vgl. dazu "Legende"). So schulte die Abteilung VIII ihre Mitarbeiter in den verschiedenen Maskierungstechniken, um diese in die Lage zu versetzen, "sich selbst oder andere Mitarbeiter entsprechend der operativen Aufgaben zu maskieren" (Aus dem Arbeitsplan für den verkürzten Grundlehrgang OPM der Abt. VIII, 1987). Zu dem Lehrgang gehörte auch, dass jeder Teilnehmer ein "Maskierungsstück" selbst knüpfte.