Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 06881
Objekt: Transparent


Transparent "Wer am 18.3 die SED-PDS wählt, hat am 19.3. die STASI"

Das Transparent bzw. Schild, bestehend aus einer Pressspanplatte an der ein Blatt Papier mit der schwarz und rot gemalten vierzeiligen Aufschrift "Wer am 18.3. die SED-PDS wählt, hat am 19.3. die STASI" angeklebt ist, stammt von einer der Leipziger Montagsdemonstrationen, die nach dem 28. Januar 1990 stattfanden. An diesem Tag wurden in Verhandlungen zwischen Vertretern des "Runden Tisches" und der Regierung Modrow vereinbart, die ursprünglich für den 6. Mai 1990 vorgesehene Volkskammerwahl der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auf den 18. März vorzuverlegen. Um das Schild besser hochhalten zu können wurde es in einen eingekerbten langen Holzstiel gesteckt. Aus der Losung auf dem Schild sprach einerseits die Sorge aus diesen Tagen, das mit einem Wahlsieg der als Partei des Demokratischen Sozialismus neu formierten SED (SED-PDS), ebenfalls deren Sicherheitsapparat, das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) - kurz "STASI" - wieder die Kontrolle über die gesamte Gesellschaft erlangen könnte. Andererseits war es eine Aufforderung an die DDR-Bürger, die SED-PDS bei den ersten freien, demokratischen und geheimen (und gleichzeitig letzten) Wahlen zur Volkskammer endgültig abzuwählen und damit die Wiedererrichtung der SED-Diktatur und eine mögliche Wiedereinsetzung der Staatssicherheit als "Schild und Schwert der Partei" zu verhindern (vgl. ein weiteres Protesttransparent gegen die SED-PDS).

Am 29. Januar 1990 formierten sich erneut rund 100.000 Teilnehmer zur Montagsdemonstration. Vor allem die Ankündigung, am 18. März 1990 Volkskammerwahlen durchzuführen, wurde begrüßt. Einige Parteien präsentierten sich und ihre Wahlprogramme. Die Redner der Kundgebung auf dem Karl-Marx-Platz (heute Augustusplatz) sprachen sich gegen Radikalismus von Rechts und Links aus. Vermehrt wurden die nachfolgenden Montagsdemonstrationen nun auch als Wahlkampfbühne genutzt, wodurch sich deren Charakter veränderte. Zahlreiche bundesdeutsche Politiker traten im Wahlkampf auf und sprachen in Leipzig vor Zehntausenden. In diesen Wochen wurde die Demokratisierung der Gesellschaft von den Menschen in der DDR konsequent vorangetrieben. "Runde Tische" und Bürgerkomitees kontrollierten die nicht durch Wahlen legitimierte Macht und übernahmen diese teilweise selbst. Einen großen Stellenwert nahm die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ein. Es wurde öffentlich die Überprüfung der Wahlkandidaten auf Stasi-Mitarbeit gefordert. Die Arbeit des Leipziger Bürgerkomitees zur Auflösung der Staatssicherheit erhielt eine große Unterstützung aus der Bevölkerung. An der vorerst letzten Montagsdemonstration am 12. März nahmen rund 50.000 Bürger sowie Messegäste teil. Obwohl die Parteien auf Wahlkampfreden verzichteten, war der Wahlkampf durch Spruchbänder aber stark präsent.

In den Tagen vor der Wahl kamen bundesdeutsche Spitzenpolitiker zur Wahlkampfunterstützung nach Leipzig. Willy Brandt (SPD) sprach am 25. Februar vom Balkon des Opernhauses zu den zahlreich erschienenen Leipziger Bürgern. Am 13. März war Helmut Schmidt (SPD) in der Stadt. Einen Tag später hielt Helmut Kohl (CDU) auf dem Karl-Marx-Platz eine Rede bei der Wahlkundgebung der "Allianz für Deutschland". Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) versammelte am 16. März die Menschen auf dem Georgi-Dimitroff-Platz (heute Simsonplatz).


Sammlung: Transparente
Datierung: ab 29.01.1990
Hersteller: unbekannt
Maße: Stab: Länge: 170 cm;
Schild: Länge: 48 cm; Breite: 75 cm
Material: Stab: Holz,
Klebeband: Kunststoff,
Blatt: Papier,
Schild: Pressspan
Farbe: Aufschrift: rot, schwarz,
Blatt: weiß,
Schild: hellbraun
Verwendung: Protest und Demonstrationen









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