Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 08182
Objekt: Schredder


Feuchtschredder ("Kollermaschine")

Diesen massiven Feuchtschredder nutzten die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) im Bezirk Leipzig regulär zum Vernichten der nicht mehr benötigten Unterlagen. Insgesamt gab es drei solcher Geräte in der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig (in der "Runden Ecke", in der Untersuchungshaftanstalt (UHA) und in Leutzsch). Im Herbst 1989 dienten diese Geräte vor allem dazu, zahlreiche der selbst angelegten Akten zu vernichten.

Als sich im Oktober und November 1989 abzeichnete, dass sich der Volkszorn nicht nur gegen die Staats- und Parteiführung der DDR, sondern insbesondere auch gegen das Ministerium für Staatssicherheit richtete, begannen die Mitarbeiter des MfS umgehend mit der massenhaften Vernichtung des Aktenmaterials (in Leipzig nachweislich ab dem 17. November 1989). Einst gesammelt, um andere zu belasten, waren die Akten für die Stasi jetzt selbst zur Belastung geworden, weil sie detailliert festhielten, mit welchen Methoden und in welchem Ausmaß das Ministerium jahrelang gegen die eigene Bevölkerung gearbeitet hatte. Während einige Kreisdienststellen ihre Akten hastig auf öffentlichen Mülldeponien verbrannten, hatten die Mitarbeiter in der "Runden Ecke", der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS), die Möglichkeit, Akten direkt im Hof der Bezirksverwaltung zu vernichten, wo in einer der Garagen diese "Kollermaschine" stand. Die Akten wurden oben in die trichterförmige Öffnung gefüllt, über einen Anschluss an der linken Seite wurde zusätzlich Wasser in die Maschine geleitet. Fünf Keilriemen verbanden den Motor mit zwei Mahlwerken, die das Papier zerkleinerten und mit dem Wasser zu einer groben Masse, der so genannten "Kollermasse", verarbeiteten. Diese floss durch eine Auswurfschiene an der rechten Seite des Rumpfes ab und wurde über ein Förderband in der benachbarten Garage angehäuft und nach dem Trocknen von dort abtransportiert. Was ehemals auf dem Papier geschrieben stand war nicht mehr entzifferbar, das Material aber als "Sekundärrohstoff" weiterverwendbar. Diese Vernichtungsmethode reichte für die großen Aktenberge aber nicht aus, so dass weitere Schredder zum Einsatz kamen, oder das Papier einfach zerrissen wurde.

Die Aktenvernichtung, die letztendlich auch in Leipzig der Auslöser für die Besetzung der MfS-Bezirksverwaltung am 4. Dezember 1989 war, konnte erst durch den mutigen Einsatz von eilig gegründeten Bürgerkomitees gestoppt werden (z.B. dem Bürgerkomitee Leipzig). Zwar gelang es dem MfS, viele Akten der Öffentlichkeit für immer zu entziehen (z.B. fast sämtliche Akten der Hauptverwaltung Aufklärung), doch ein Großteil konnte "gerettet" werden: Nach Schätzungen der Bundesbeauftragen für die Stasiunterlagen beläuft sich das schriftliche "Erbe" des MfS heute auf 176 Kilometer Schriftgut, darunter 41 Mio. Karteikarten.


Sammlung: Technisches Arbeitsgerät
Datierung: unbekannt
Hersteller: unbekannt
Maße: Höhe: 140 cm; Tiefe: 110 cm; Breite: 160 cm
Material: Gehäuse: Metall, Stahlblech,
Scheibe: Plexiglas
Farbe: Gehäuse: grün, grau,
Scheibe: transparent
Verwendung: Vernichten von Akten











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