Objekt- und Fotodatenbank Online im Museum in der Runden Ecke



Inventar-Nr: 08271/3
Objekt: Mikrofon


Mikrofon MDO 21 für das Megafon des Neuen Forum Leipzig

Das Mikrofon mit dem selbst gefertigten Windschutz aus Schaumstoff und dem Filzstiftschriftzug "NEUES FORUM" ist Teil eines selbstgebauten Megafons, zu dem außerdem noch ein Lautsprecher und ein Batteriegürtel gehören. Das Megafon wurde während der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 von der DDR-weiten Bürgerinitiative Neues Forum bei Kundgebungen und Demonstrationen in Leipzig genutzt, unter anderem auch bei der ersten genehmigten Kundgebung des Neuen Forums in Leipzig am 18. November. Bei dieser forderten sämtliche Redner auf dem Vorplatz des ehemaligen Reichsgerichtes (heute Bundesverwaltungsgericht) vor 10.000 Versammelten weit reichende Reformen und stellten den Machtanspruch der SED deutlich in Frage. Einige verlangten bereits die Abschaffung der Staatssicherheit.

Während der Montagsdemonstrationen trug das Neue Forum schon frühzeitig (ab Ende Oktober 1989) wesentlich zur Besonnenheit bei, indem es Ordner mit "Keine Gewalt"-Schärpen u.a. vor der "Runden Ecke" postierte (vgl. ähnliche Schärpe). Am 4. Dezember erwirkten mehrere Angehörige des Neuen Forums gemeinsam mit Vertretern anderer Basisgruppen schließlich tatsächlich den Einlass in die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS) und leiteten so die Besetzung und die staatsanwaltschaftliche Versiegelung des Gebäudes ein, um die von der Stasi emsig betriebene Aktenvernichtung zu stoppen. Ebenfalls per Megafon (jedoch nicht mit diesem) wurde den Demonstranten anschließend vom Balkon der "Runden Ecke" aus mitgeteilt, dass das Gebäude von Bürgervertretern besetzt sei. "Dies wurde mehrfach wiederholt und durch die Demonstranten mit Beifall aufgenommen" (wie die SED-Bezirksleitung kurz darauf dem Zentralkomitee der SED berichtete). Noch in derselben Nacht gründete sich das Bürgerkomitee Leipzig (vgl. Objekte zum Bürgerkomitee).

Der Hersteller und Nutzer dieses Megafons war später Mitglied des Bürgerkomitees Leipzig und an der Auflösung der Staatssicherheit in Leipzig beteiligt.