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Inventar-Nr: 09716
Objekt: Aktentasche


Aktentasche und Petschaft des Archivbeauftragten der Volkskammer für den Bezirk Leipzig

Die Aktentasche aus Leder und die Petschaft gehörten zur "Ausstattung" des "Archivbeauftragten der Volkskammer für den Bezirk Leipzig", der im Sommer 1990 die Auflösung der örtlichen Staatssicherheit und die Bewahrung ihrer Akten mit beaufsichtigte. Im Auftrag des Volkskammerausschusses zur Kontrolle der Auflösung des MfS/AfNS wurde ein Mitglied des Leipziger Bürgerkomitees durch die Bezirksverwaltungsbehörde (ehemals Rat des Bezirkes) für diese Aufgaben angestellt und erhielt einen staatlichen Dienstausweis.

Um das Risiko auszuschließen, dass alte Stasi-Seilschaften zur Beseitigung von Akten noch unbemerkt wirksam werden konnten, bohrte der Archivbeauftragte links und rechts der Zahl je ein zusätzliches Loch in die Petschaft, die den Schriftzug "DDR / 005 / MdI · L" [für Ministerium des Innern, Leipzig] trägt. Die Tasche sollte dem sicheren Transport von Akten dienen. Zu diesem Zweck war unter der Lasche ein Siegelnapf mit Siegelschnur angebracht. So konnte die Tasche mit der Petschaft gesichert werden. Die Petschaft diente dem Archivbeauftragten neben der Sicherung der Aktentransporttasche, vor allem der Versiegelung von Archivräumen.

In der Folge der ersten freien Volkskammerwahlen in der DDR (18. März 1990) hatte sich am 21. Juni 1990 ein Sonderausschuss der Volkskammer zur Kontrolle der Auflösung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (inzwischen umbenannt in Amt für Nationale Sicherheit (AfNS)) konstituiert. Vorsitzender des Ausschusses war Joachim Gauck, der von der Volkskammer berechtigt wurde, "sachkundige Vertreter der Bürgerkomitees mit beratender Stimme hinzuzuziehen". So kam ausgerechnet ein Mitglied des Leipziger Bürgerkomitees in den letzten Tagen der DDR noch zu einem staatlichen Dienstausweis, ein Jahr zuvor wäre das noch undenkbar gewesen. Mit der Vereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 stellte der Ausschuss seine Arbeit ein, Gauck wurde erster Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die Stasi-Unterlagen. Das wichtigste Ergebnis der Arbeit des Sonderausschusses war die Erarbeitung des Stasi-Unterlagen Gesetzes der Volkskammer, das am 24. August 1990 verabschiedet, aber nicht in den Einigungsvertrag aufgenommen wurde. Erst nach massiven Protesten der Volkskammer und von Bürgerrechtlern (siehe dazu Protesttransparente) gab es eine Nachbesserung des Einigungsvertrages.


Sammlung: Sonstiges
Datierung: unbekannt
Hersteller: Ministerium des Innern
Maße: Tasche: Breite: 41,5 cm; Höhe: 29 cm; Tiefe: 13,5 cm;
Petschaft: Durchmesser: 2,5 cm; Höhe: 1 cm
Material: Tasche: Leder, Metall,
Petschaft: Aluminium
Farbe: Tasche: braun,
Petschaft: silber
Verwendung: Transport von Dokumenten, Versiegeln von Räumen, Schränken oder Taschen








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