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Inventar-Nr: 14972
Objekt: Kamera


Kleinstbildkamera Tessina ("Tessina 35")

Bei der vorliegenden Kamera handelt es sich um die Schweizer Tessina-Reflexkamera mit der Bezeichnung "Tessina 35". Solche Kameras setzte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) getarnt ein, um von ihnen verdächtigte Personen unauffällig und ohne deren Wissen zu fotografieren. Die zweiäugige silbergraue Kamera ist mit einem Schieber vor der Aufnahme- und Sucheröffnung ausgestattet. Daneben befindet sich der Auslöseknopf mit einer Anschlussmöglichkeit für einen Draht- bzw. Fernauslöser. Oben sind u.a. der ausklappbare Durchsicht- bzw. Lichtschachtsucher, der Entfernungsring mit kombinierter Schärfentiefenskala (unendlich bis 30 cm) und ein Aufsteckschlitten für einen Belichtungsmesser angebracht. Die Einstellung der Blitz-Synchronisation erfolgt über eine Scheibe mit zwei Kontaktpunkten (für M und X-Synchronisation für Blitzlampen und Elektronenblitz) an der Kamerarückseite. Geöffnet wird die Rückwand durch einen Schieber an der Seite.

Bei der Tessina handelt es sich um eine Kleinstbildkamera für 35 mm Filme im Format 14 x 21 mm. Sie hat ein Tessinon-Objektiv 1:2,8/25mm (Weitwinkel) aus Lanthan-Gläsern. Durch ihre Transport-Automatik war es möglich, mit einem einzigen Aufzug 5-8 Bilder hintereinander aufzunehmen. Da das Federwerk jedoch relativ laut arbeitete, war ihr Einsatz für die verdeckte Fotografie in geschlossenen Räumen nur begrenzt möglich. Die Filme sind in Tessina-Patronen abgefüllt, mit Hilfe eines Tageslicht-Filmumspulgerätes konnte jedoch auch anderes 35mm-Filmmaterial in die Tessina-Spezialkassetten aufgefüllt werden. Bei frühen Exemplaren der Tessina ist oben der Schriftzug "Tessina automatic 35mm" eingeprägt. Später war an dieser Stelle eine ovale Plakette mit dem Aufdruck "Tessina 35" und bei den letzten Ausführungen der Aufdruck "Tessina L" angebracht. Für die Beschaffung solcher Technik aus dem "nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW)" brauchte das MfS extra Devisen, die sie sich z.B. bei der Postkontrolle beschaffte. Für die konspirative Fotografie setzte das MfS u.a. auch die westdeutsche Robot Star und die russische F 21 ein.

Verantwortlich für den auftragsgebundenen konspirativen Einsatz operativ-technischer Mittel und Methoden im MfS war die Abteilung 26, in deren Zuständigkeitsbereich unter anderem auch die Telefonüberwachung, der Einbau von Abhörtechnik und "Wanzen" sowie die Videoüberwachung in Räumen fiel. "Ausstatter" für derartige technische Ausrüstung innerhalb des Ministeriums für Staatssicherheit war der "Operativ-technische Sektor (OTS)", der Kameras in die unterschiedlichsten Behältnisse einbaute, z.B. in Geldbörsen, Zigarettenetuis, Einkaufsbeutel, Koffer und sogar in falsche Bäuche. In den meisten Fällen fertigte die Abteilung von den Masken und Modellen jedoch nur Einzelstücke - eine Serienproduktion hätte die Tarnung gefährdet. Eingesetzt wurden die Kameras vor allem von den Mitarbeitern der Abteilung VIII (Beobachtung / Ermittlung) bei der konspirativen Beobachtung.


Sammlung: Film und Fotografie
Datierung: 1960-1974
Hersteller: Concava A.G.
Maße: Breite: 6,8 cm; Tiefe: 5,2 cm; Höhe: 2,8 cm; Gewicht: 168 g
Material: Metall, Glas
Farbe: silbergrau
Verwendung: Fotografieren, Konspiratives Fotografieren von Personen und Situationen










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