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Inventar-Nr: 15234
Objekt: Lesezeichen


Lesezeichen "Frieden schaffen ohne Waffen. Schwerter zu Pflugscharen" der ersten Ökumenischen Friedensdekade 1980

Solche Lesezeichen aus Vliesstoff mit dem Symbol "Schwerter zu Pflugscharen" wurden anlässlich der 1. Friedensdekade in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) verteilt. Diese stand unter dem Motto "Frieden schaffen ohne Waffen" und fand vom 9. bis 19. November 1980 statt. Als Vorlage für den Aufdruck diente eine Plastik des sowjetischen Bildhauers Jewgenij Wutschetitsch, welche die Sowjetunion der UNO gestiftet hatte und die sich auf ein Bibelwort des Propheten Micha bezog. Das Symbol, das zum Kennzeichen der Friedensdekaden und einer neuen unabhängigen Friedensbewegung in der DDR werden sollte, entwickelte der sächsische Landesjugendpfarrer Harald Bretschneider. Dieser hatte im Herbst 1980 unter Umgehung der staatlichen Zensur in Herrnhut (Oberlausitz) über 100.000 Lesezeichen auf Vliesrollen drucken lassen. Dies war möglich, da für dieses Material keine "Druckgenehmigung" eingeholt werden musste, denn dem DDR-Gesetz nach handelte es sich um eine nicht genehmigungspflichtige "Textiloberflächenveredelung" (vgl. dazu auch die "Papierkontingentierung" in der DDR). Normalerweise wurden mit dem Stoff Weihnachts- und Osterdecken hergestellt.

Auf das atomare Wettrüsten reagierte die Evangelische Kirche in der DDR ab 1980 mit jährlichen Friedensdekaden im November. Das Symbol "Schwerter zu Pflugscharen" entwickelte sich vor allem bei Jugendlichen schnell zu einem Ausdrucksmittel oppositioneller Haltung. Da sich die DDR selbst als "Friedensstaat" bezeichnete wurde die Bewegung von staatlicher Seite anfangs noch geduldet und teilweise durch die FDJ auch unterstützt. Für die Friedensdekade 1981 durften Lesezeichen mit dem Symbol sogar mit staatlicher Genehmigung hergestellt werden. Nachdem aber Tausende Friedensaktivisten anfingen einen von der Konferenz der Kirchenleitungen (KKL) offiziell ausgegebenen Aufnäher mit dem Symbol an der Kleidung zu tragen und eine unabhängige und vom Staat nicht kontrollierte Bewegung entstand, verboten die Behörden 1982 das Symbol. Gegen die Träger des Aufnähers startete die SED eine breite Verleumdungskampagne. Sie erklärte sie zu Rowdys und behauptete, dass sich gewalttätige Kriminelle unter ihnen befänden. Gleichzeitig lief eine von der FDJ durchgeführte Propagandakampagne unter dem Titel "Der Frieden muss verteidigt werden - der Frieden muss bewaffnet sein!" in deren Rahmen Pflichtschulungen für Schüler, Studenten, Lehrlinge und Jungfacharbeiter stattfanden, die mit einer Werbung für den militärischen Dienst verbunden waren. Trotz des staatlichen Verbots tauchten aber auch weiterhin zahlreiche pazifistische Symbole und Losungen in der Öffentlichkeit auf. Einzig für innerkirchliche Zwecke erlaubte die SED weiterhin die Verwendung des Friedenssymbols für die Friedensdekaden.


Sammlung: Orden, Abzeichen
Datierung: 09.11.1980-19.11.1980
Hersteller: Harald Bretschneider, Druckerei Abraham Dürninger
Maße: Breite: 70 mm; Länge: 198 mm
Material: Vlies
Farbe: Aufdruck: dunkelbraun,
Tuch: weiß
Verwendung: Erinnerung, Werbung, Protest und Demonstrationen








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