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Inventar-Nr: 15793
Objekt: Aufkleber


Aufkleber "Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst" vom Kongress und Kirchentag 1989 in Leipzig

Aufkleber mit dem Thema "Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst" vom Kirchentag in Leipzig 1989. Der Kirche war es vom Staat erlaubt worden, auch öffentlich für den Kirchentag zu werben. Im Gegenzug sollte sie die oppositionellen Gruppen weitgehend ausgrenzen (vgl. verschiedene Werbemittel vom Kirchentag, beispielsweise ein Abzeichen, ein Lesezeichen, ein Handtuch und einen Beutel).

Nach 1954 und 1978 fand vom 6. bis 9. Juli 1989 erstmals wieder ein Kirchentag in Leipzig statt. Bereits im Vorfeld beschlossen SED und Ministerium für Staatssicherheit (MfS) umfangreiche Maßnahmen zur Verhinderung des "politischen Missbrauchs" des Kirchentages. Das MfS erstellte eigens für die viertägige Veranstaltung einen 13-seitigen Maßnahmenplan unter dem Decknamen "Aktion Kongreß 89", um das Großereignis zu "sichern". Auf staatlichen Druck hin verzichteten die Veranstalter bewusst auf politische Themen. Die Leipziger Oppositionsgruppen organisierten daher in der Lukaskirche einen Statt-Kirchentag, an dem etwa 2.500 Personen teilnahmen. Hier trafen sich Oppositionelle aus der ganzen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und tauschten sich über die aktuelle Lage sowie über Konzepte und künftige Aktionen aus. Aber auch auf den offiziellen Kirchentagsveranstaltungen thematisierten Teilnehmer und Besucher wiederholt politische Probleme und forderten Veränderungen in der DDR. Wiederholt verteilten Bürgerrechtler hier auch Flugblätter und Samisdatschriften. Während der Abschlussveranstaltung des Kirchentages auf der Pferderennbahn Scheibenholz organisierten Basisgruppenmitglieder eine öffentliche Protestaktion. Den Versuch, mit Transparenten auf die Bühne zu gelangen, verhinderten kirchliche Ordnungskräfte. Daraufhin formierte sich eine Demonstration gegen Wahlbetrug und für Demokratie. Wolfgang Schnur, Anwalt von Oppositionellen und im Frühjahr 1990 als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) "Torsten" enttarnt, versuchte die Demonstration zu verhindern. Die Sicherheitskräfte griffen wegen der anwesenden westlichen Journalisten und Gäste nicht direkt ein. Auf dem Weg in Richtung Innenstadt entrissen aber Stasi-Mitarbeiter den Demonstranten ein Transparent. In der Peterskirche, in die die Demonstranten durch Kräfte der Volkspolizei (VP) abgedrängt wurden, fand daraufhin die Aktion mit einer improvisierten Andacht ihren Abschluss. Im später veröffentlichten offiziellen Berichtsband vom Kirchentag fand die Demonstration für Demokratie keine Erwähnung.


Sammlung: Sonstiges
Datierung: 06.07.1989-09.07.1989
Hersteller: unbekannt
Maße: Durchmesser: 58 mm
Material: Papier, Kunststoff
Farbe: Folie: weiß,
Aufdruck: oliv, blau
Verwendung: Erinnerung, Werbung








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