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Inventar-Nr: 17469
Objekt: Handzettel


Wahlflugblatt der Deutschen Sozialen Union für die Wahlen zur Volkskammer 1990 mit dem Lied der Sachsen und dem Deutschlandlied

Dieses Flugblatt der DSU wurde vor den ersten freien (und letzten) Wahlen zur Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 18. März 1990 auf den Montagsdemonstrationen in Leipzig verteilt. Die DSU gründete sich am 20./21. Januar 1990 in Leipzig aus dem Zusammenschluss mehrerer christlich-konservativer Gruppen und Parteien (u.a. CSPD) und verstand sich, obwohl DDR-weit vertreten, vor allem als "sächsische" Schwesterpartei der bayerischen CSU. Dieser starke regionale Bezug zeigt sich auch auf dem Flugblatt, auf dem neben der deutschen Einheit vor allem die Neugründung des Landes Sachsen gefordert wurde. Mit ihren kurzen prägnanten Wahlslogans polarisierte die DSU sehr stark. Zu den Volkskammerwahlen ging die DSU mit dem Demokratischen Aufbruch (DA) und der Ost-CDU ein Wahlbündnis unter dem Namen "Allianz für Deutschland" ein. Die DSU erreichte bei den Wahlen DDR-weit 6,32% und in Leipzig-Stadt 12,51% (vgl. auch Wahlwerbung für die Kommunalwahlen 1990).

Seit Anfang 1990 wurden die Montagsdemonstrationen vermehrt als Wahlkampfbühne genutzt, wodurch sich deren Charakter veränderte. Zahlreiche bundesdeutsche Politiker traten im Wahlkampf auf und sprachen in Leipzig vor Zehntausenden. Am 5. Februar 1990 forderten erneut ca. 100.000 Demonstranten die Deutsche Einheit und die Auflösung der ehemaligen SED, die sich nun nur noch PDS nannte (vgl. auch die Protestschilder gegen eine Wahl der SED-PDS). In den folgenden Wochen gingen die Teilnehmerzahlen an den Montagsdemonstrationen zurück. Am 12. und 19. Februar 1990 beteiligten sich jeweils etwa 50.000 Personen. Am 26. Februar und 5. März 1990 sank die Teilnehmerzahl auf 10.000 bis 15.000. Die Anhänger der in der Allianz für Deutschland zusammengeschlossenen Parteien bestimmten dabei zunehmend das Bild. Die Demokratisierung der Gesellschaft wurde in diesen Wochen von den Menschen in der DDR konsequent vorangetrieben. "Runde Tische" und Bürgerkomitees kontrollierten die nicht durch Wahlen legitimierte Macht und übernahmen diese teilweise selbst. Die Aufarbeitung ging unterdessen weiter. Vertreter des Bürgerkomitees sicherten zum Beispiel Akten der Abteilung Inneres des Rates des Bezirks Leipzig, um dessen Verflechtung mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) aufzudecken. Einen großen Stellenwert nahm die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ein. Es wurde öffentlich die Überprüfung der Wahlkandidaten auf Stasi-Mitarbeit gefordert. Die Arbeit des Leipziger Bürgerkomitees zur Auflösung der Staatssicherheit erhielt eine große Unterstützung aus der Bevölkerung. An der vorerst letzten Montagsdemonstration am 12. März 1990 nahmen noch einmal rund 50.000 Personen teil. In den Tagen vor dem Urnengang kamen bundesdeutsche Spitzenpolitiker zur Wahlkampfunterstützung nach Leipzig, darunter Willy Brandt (SPD) am 25. Februar, Helmut Schmidt (SPD) am 13. März, Helmut Kohl (CDU) am 14. März und Hans-Dietrich Genscher (FDP) am 16. März. Die bundesdeutschen Parteien unterstützten ihre Partner in der DDR massiv mit Geld und Materialien. Zur Volkskammerwahl waren 24 Parteien und Listenverbände zugelassen worden. Die Allianz für Deutschland gewann die Wahl überraschend deutlich. Die Hauptinitiatoren der friedlichen Revolution, die Bürgerrechtsgruppierungen, gingen dagegen weitestgehend leer aus. Mit diesem Ergebnis und der außerordentlich hohen Wahlbeteiligung von mehr als 93% war die Wahl eine Volksabstimmung für einen schnellen Weg zur Deutschen Einheit und der raschen Einführung der D-Mark (vgl. unterschiedliche Wahlwerbung).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 18.03.1990
Hersteller: Deutsche Soziale Union (DSU)
Maße: Breite: 21 cm; Länge: 29,7 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: hellgrün, blau, schwarz
Verwendung: Information, Wahlwerbung









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