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Inventar-Nr: 17588
Objekt: Handzettel


Wahlflugblatt der Liberal-Demokratischen Partei für die Wahlen zur Volkskammer 1990 "Es ist Frühling und wir sind (so) frei. Bildungspolitik ist Zukunftspolitik"

Dieses zweifach gefaltete Flugblatt der LDP wurde vor den ersten freien Wahlen zur Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 18. März 1990 auf den Montagsdemonstrationen in Leipzig verteilt. Die LDP, die sich bis Februar 1990 noch LDPD nannte und bis zum Beginn der "Wende" als Blockpartei der SED untergeordnet war, schloss sich am 12. Februar 1990 dem Wahlbündnis "Bund Freier Demokraten" (BFD) an. Auf dem Flugblatt wurden die Positionen der LDP zur Bildungspolitik benannt, die sie in ihrem Wahlprogramm aufgenommen hatten. Die Partei stand für die Demokratisierung des Bildungswesens und der "Befreiung der Schule aus politischen und ideologischen Zwängen". Bei den Wahlen erreichte der BFD DDR-weit 5,28% und in Leipzig-Stadt 6,07% (vgl. auch Wahlwerbung für die Kommunalwahlen 1990).

Obwohl sich die LDPD als "fester Bestandteil der politischen Organisation des Sozialismus in der DDR und als eine staatstragende Partei" verstand, zeigte sie sich im Jahr 1989 für Veränderungen - wenn auch im sozialistischen Rahmen - offen und versuchte mehr Eigenständigkeit gegenüber der SED zu gewinnen. Verstärkt wurde Kritik an der SED-Politik laut. Die Hauptabteilung XX der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit (BVfS) schätzte Ende September 1989 ein, das in der LDPD oppositionelle Tendenzen erkennbar seien. LDPD-Medien öffneten sich langsam auch für verschiedene Meinungen und kritische Stellungnahmen. Beispielsweise berichtete das "Sächsische Tageblatt" (ST), die Leipziger LDPD-Zeitung, bereits im Juni 1989 über das verbotene Straßenmusikfestival, während die SED-Medien darüber schwiegen. Am 9. Oktober, dem "Tag der Entscheidung" distanzierte sich Dr. Manfred Brendel, Bezirkschef der LDPD, im ST deutlich von den Demonstranten, deutete aber gleichzeitig vorsichtig eine Mitschuld der Regierung an den Ereignissen an. Ab Oktober berichtete das ST im Gegensatz zu den SED-Blättern bereits ausführlich über die Massendemonstrationen. Noch vor dem Fall der Mauer am 9. November forderte der LDPD-Vorsitzende Manfred Gerlach eine "neue Politik" mit "neuen Leuten" und stellte das Machtmonopol der SED in Frage. Aufgrund seiner bisherigen Rolle im SED-Regime sah der überwiegende Teil der Bevölkerung in ihm jedoch nur einen "Wendehals". Ende 1989 schwankte die LDPD noch zwischen demokratisch-sozialistischen und freiheitlich-demokratischen Positionen. Eine grundlegende Erneuerung begann erst mit dem Sonderparteitag am 9. und 10. Februar 1990 in Dresden, auf dem auch die Umbenennung in Liberal-Demokratische Partei (LDP) beschlossen wurde.

Am 18. März 1990 feierte die Ost-CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Lothar de Maiziére mit 40,91% einen überlegenen Wahlsieg (in Leipzig-Stadt 28,69%). Mit über 48% errang die "Allianz für Deutschland" fast die Hälfte der abgegebenen Stimmen (Leipzig-Stadt 42,07%). Die im Bündnis 90 zusammengeschlossenen Bürgerrechtsgruppierungen, die maßgeblich die friedliche Revolution mit initiiert hatten, gingen dagegen mit knapp 3% weitestgehend leer aus (in Leipzig-Stadt 5,27%). Mit diesem Ergebnis und der außerordentlich hohen Wahlbeteiligung von mehr als 93% (in Leipzig-Stadt knapp 91%) war die Wahl eine Volksabstimmung für einen schnellen Weg zur Deutschen Einheit und der raschen Einführung der D-Mark. Mit der ersten freien Wahl endeten auch die Montagsdemonstrationen in Leipzig (vgl. unterschiedliche Wahlwerbung).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 18.03.1990
Hersteller: Liberal-Demokratische Partei (LDP)
Maße: Breite: 9,8 cm; Länge: 21 cm; Breite: 28 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: gelb,
Aufdruck: blau
Verwendung: Information, Wahlwerbung









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