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Inventar-Nr: 17623
Objekt: Handzettel


Flugblatt mit der vorläufigen Grundsatzerklärung des Demokratischen Aufbruch

Das vorliegende zweiseitige Flugblatt (2 Blatt) mit der vorläufigen Grundsatzerklärung der DDR-weiten Bürgerbewegung Demokratischer Aufbruch (DA) vom 30. Oktober 1989 wurde in größerer Stückzahl auf einem "Spritumdrucker" vervielfältigt (hektografiert) und in Umlauf gebracht (vgl. weitere hektografierte Schriften). Die Zustimmung zu dieser Erklärung erfolgte durch die stimmberechtigten Teilnehmer der konstituierenden Versammlung des DA am 29. und 30. Oktober 1989 in Berlin. Hier wählten die Delegierten auch den Rostocker Rechtsanwalt Wolfgang Schnur zum Vorsitzenden, der später als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) enttarnt wurde. Bereits in der vorläufigen Grundsatzerklärung, die einen Kompromiss zwischen der Vorstellung einer verbesserten Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit demokratischem Sozialismus und liberalen Ideen darstellte, wurde betont, dass aus der zunächst als Interessenvertretung verstandenen Gruppierung eine Partei formiert werden sollte. Am 16./17. Dezember 1989 gründete sich dann auch der DA in Leipzig, der Stadt der Friedlichen Revolution, als Partei. Während erste programmatische Texte des DA noch der Vision einer "sozialistischen Gesellschaftsordnung" anhingen (vgl. dazu das "Flugblatt für die Demokratie"), wurde mit der Verabschiedung des Programms auf dem Gründungsparteitag der programmatische Wandel zu sozialer Marktwirtschaft und deutscher Einheit vollzogen. Zur ersten freien Volkskammerwahl schloss sich der DA aus pragmatischen Gründen dann im Februar 1990 dem Wahlbündnis "Allianz für Deutschland" an.

Immer mehr Menschen kehrten im Sommer 1989 der DDR den Rücken. Die politische Führung reagierte darauf nur mit hilflosem Starsinn. In dieser Krisensituation entschieden sich viele Menschen auch bewusst zum Bleiben, forderten aber nachdrücklich Reformen. Verschiedene Oppositionelle traten nun mit programmatischen Gründungsaufrufen an die Öffentlichkeit. Erstmals wagten sie den entscheidenden Schritt, der SED als oppositionelle Alternative offen entgegenzutreten. Sogar eine sozialdemokratische Partei wurde gegründet. Die Bürgerrechtler waren zugleich Hoffnungsträger und Sprachrohr für den Protest vieler Menschen in der DDR. Synonym für die verschiedenen Gruppierungen stand die Bürgerbewegung "Neues Forum" die zunächst den höchsten Bekanntheitsgrad und Einfluss erlangte. "Zulassung des Neuen Forum" war eine Kernforderung des beginnenden Aufbruchs. Die neuen politischen Gruppierungen entfalteten innerhalb kurzer Zeit eine enorme Breitenwirkung. SED und Staatssicherheit versuchten diese "antisozialistischen Sammlungsbewegungen" mit den üblichen Mitteln zu bekämpfen (Hetzkampagnen, Observation, konspirative Wohnungsdurchsuchungen u.ä.). Die Initiativen forderten demokratische Bürger- und Menschenrechte sowie die Kontrolle über den Sicherheitsapparat ein. Um die notwendigen Reformen in Gang zu bringen und die Menschen zum Dableiben zu bewegen, wurde ein breiter öffentlicher Dialog und eine schonungslose Offenlegung der politischen, ökonomischen und ökologischen Situation der DDR gefordert. Innerhalb kurzer Zeit solidarisierten sich viele Menschen mit diesen Zielen. Deutliche Differenzen gab es bei der Wahl der Organisationsformen. Einige Gruppen verstanden sich als basisdemokratisch organisierte Interessenvertretung. Andere strebten bereits feste, parteiähnliche Strukturen an.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 30.10.1989
Hersteller: Demokratischer Aufbruch
Maße: Breite: 20,9 cm; Länge: 29,7 cm
Material: Blatt: Papier,
Heftklammer: Metall
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: violett
Verwendung: Information, Protest und Demonstrationen









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