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Inventar-Nr: 17653
Objekt: Transparent


Transparent "KOMMUNISTEN SIND MÖRDER"

Das weiße Stofftransparent mit der braun und schwarz gemalten zweizeiligen Aufschrift "KOMMUNISTEN SIND MÖRDER" stammt vom Bürgerrechtler Rainer Müller. Zusammen mit zwei weiteren Mitstreitern enthüllte er das Transparent am 8. November 1999 in der Verhandlung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofes in Leipzig nach der Urteilsverkündung gegen den Staatsratsvorsitzenden der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Egon Krenz und die Mitangeklagten Günter Schabowski und Günther Kleiber, beide ebenfalls ehemalige Mitglieder des Politbüros des Zentralkomitees (ZK) der SED. Mit der Aktion in Leipzig erinnerten die Bürgerrechtler noch einmal an die Mitverantwortung und Mitschuld der Angeklagten an den Todesschüssen an der deutsch-deutschen Grenze und protestierten damit auch gegen die Anschauung von Krenz und zahlreichen weiteren ehemaligen SED-Führungskräften, die sich trotz der offenkundigen Menschenrechtsverletzungen als unschuldig betrachteten. Bei der Verhandlung, dem Revisionsverfahren wegen "Totschlag und Mitverantwortung für das Grenzregime der DDR" wurden die bereits im Jahr 1997 vom Berliner Landgericht (LG) verhängten Urteile von sechseinhalb Jahren Gefängnis für Krenz wegen vierfachen Totschlags und drei Jahren Gefängnis für Schabowski und Kleiber wegen dreifachen Totschlags durch den Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt. Das Gericht erkannte auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die vorsätzlichen Tötungen von Flüchtlingen durch DDR-Grenzsoldaten, da sie das Grenzregime durch die SED-Politbürobeschlüsse mitgetragen hatten. Das Politbüro hatte den so genannten "Klassenauftrag" festgelegt, hinter dem sich letztlich der Schießbefehl verbarg, dem zahlreiche unbewaffnete "Republikflüchtlinge" an der DDR-Grenze zum Opfer fielen.

Für die Bürgerrechtler hatte die Aktion aber ebenfalls noch ein gerichtliches Nachspiel. Einen Tag nach der Verhandlung, am 9. November 1999, wurde vom Vorsitzenden der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) in Leipzig Antrag auf Strafverfolgung gegen Unbekannt wegen Volksverhetzung gestellt, da er sich "als Kommunist persönlich angegriffen" fühlte. Die Klage, geführt von ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), wurde vom Leipziger Amtsgericht aber zwei Jahre später, am 8. November 2001, abgewiesen. Das Gericht entschied, dass es sich bei der Bürgerrechtler-Aktion um keinen Straftatbestand handelte, sondern um einen Ausdruck der Inanspruchnahme des Grundrechtes auf freie Meinungsäußerung und begründete die Protest-Aktion auch damit: "Nicht Teile der Bevölkerung waren gemeint, sondern die Angeklagten im Politbüro-Prozess".


Sammlung: Transparente
Datierung: 08.11.1999
Hersteller: Rainer Müller
Maße: Länge: 74,5 cm; Breite: 228 cm
Material: Baumwolle
Farbe: Aufschrift: braun, schwarz,
Tuch: weiß
Verwendung: Protest und Demonstrationen








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