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Inventar-Nr: 17738
Objekt: Handzettel


Flugblatt mit dem Statut der Sozialdemokratischen Partei in der DDR

Dieses zweifach gefaltete Flugblatt mit dem Statut der Sozialdemokratischen Partei der DDR (SDP) wurde auf den Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90 verteilt. Das Statut trat mit Beschluss vom 7. Oktober 1989 in Kraft. An diesem Tag, gleichzeitig auch der 40. Jahrestag der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), konstituierte sich in Schwante, einem kleinen Ort nördlich von Berlin, die SDP. Vordenker der Gründung waren die beiden Pfarrer Martin Gutzeit und Markus Meckel, die bereits im Juli 1989 einen Aufruf verfassten, in dem sie ihre Absicht erklärten, eine sozialdemokratische Partei in der DDR zu gründen. In Leipzig erfolgte die offizielle Gründung einer SDP-Ortsgruppe am 7. November 1989. Das Gründungstreffen fand in der Reformierten Kirche statt. Durch den Einsatz eines Inoffiziellen Mitarbeiters (IM) der Kreisdienststelle Leipzig-Stadt war das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wie fast immer auch über dieses Treffen informiert.

Im Sommer und Herbst des Jahres 1989 traten innerhalb kurzer Zeit mehrere Bürgerrechtsinitiativen mit programmatischen Aufrufen an die Öffentlichkeit. Erstmals wagten sie den entscheidenden Schritt, der SED als oppositionelle Alternative offen entgegenzutreten. Auch eine sozialdemokratische Partei wurde gegründet. SED und Staatssicherheit versuchten diese "antisozialistischen Sammlungsbewegungen" mit den üblichen Mitteln (Hetzkampagnen, Observation, konspirative Wohnungsdurchsuchungen u.ä.) zu bekämpfen. Die Initiativen forderten demokratische Bürger- und Menschenrechte sowie die Kontrolle über den Sicherheitsapparat ein. Um die notwendigen Reformen in Gang zu bringen und die Menschen zum Dableiben zu bewegen, wurde ein breiter öffentlicher Dialog und eine schonungslose Offenlegung der politischen, ökonomischen und ökologischen Situation der DDR gefordert. Innerhalb kurzer Zeit solidarisierten sich viele Menschen mit diesen Zielen. Deutliche Differenzen gab es jedoch bei der Wahl der Organisationsformen. Einige Gruppen verstanden sich als basisdemokratische Interessenvertretung die auf inhaltliche und organisatorische Offenheit setzten, andere strebten bereits feste, parteiähnliche Strukturen an. Eine solche war die SDP, die mit einer parteipolitisch orientierten Programmatik auftrat. Zwischen Oktober und Dezember 1989 gründeten sich in verschiedenen Städten SDP-Ortsverbände. Im November 1989 traten Bekannte ostdeutsche Intellektuelle mit dem Aufruf "Für unser Land" an die Öffentlichkeit und forderten die Bevölkerung auf, sich für die Existenz eines demokratischen sozialistischen deutschen Staates einzusetzen. Viele Bürger solidarisierten sich, jedoch führte besonders die Mitwirkung "alter Kräfte" zu großer Ablehnung. Für den Ortsverband Leipzig-Südost der SDP lehnte Gunter Weißgerber den Aufruf ab und sprach sich für die Deutsche Einheit aus. Im Januar 1990 bezog die SDP in Leipzig die provisorisch eingerichteten Räume im Haus der Demokratie, das zuvor die SED-Stadtleitung beherbergte. Im gleichen Monat erfolgte auch die Umbenennung der SDP in SPD (Ost), was eine Hinwendung zur westdeutschen Sozialdemokratie verdeutlichte. Um die Rolle der Stadt für die friedliche Revolution und als Wiege der Sozialdemokratie zu würdigen, fand vom 22. bis 25. Februar 1990 in Leipzig der erste Parteitag der SPD (Ost) statt, auf dem das Grundsatzprogramm, das Statut und das Wahlprogramm für die ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 verabschiedet worden. Zum Vorsitzenden der SPD in der DDR wählten die Delegierten den bisherigen Geschäftsführer Ibrahim Böhme, den man später als langjährigen IM der Staatssicherheit enttarnte.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 07.10.1989
Hersteller: Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP)
Maße: Breite: 10,2 cm; Länge: 21 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: beige,
Aufdruck: schwarz, rot
Verwendung: Werbung, Information









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