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Inventar-Nr: 17823
Objekt: Plakat


Veranstaltungsplakat anlässlich des 6. Umweltgottesdienstes "Unsere Zukunft hat schon begonnen" 1988 in Deutzen

Mit diesem Plakat wurde der 6. Umweltgottestdienst am 12. Juni 1988 in Deutzen bei Leipzig angekündigt. Der Entwurf für dieses Plakat stammt vom Maler und Grafiker Rudolf Schumann aus Groitzsch, vervielfältigt wurde es im Siebdruckverfahren. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre hatte sich im kirchlichen Rahmen eine aktive Umweltbewegung in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) etabliert. Unter dem Thema "Unsere Zukunft hat schon begonnen" fanden seit 1983 jährlich Umweltgottesdienste des Christlichen Umweltseminars Rötha (CUR) statt. Der erste Umweltgottesdienst wurde in dem kleinen Ort Mölbis abgehalten, der durch die Rauchschwaden des nahe gelegenen Braunkohleveredelungswerks (BVW) Espenhain in dem zweifelhaften Ruf stand, der schmutzigste Ort Deutschlands zu sein. In den Gottesdiensten bündelte man das Anliegen der besorgten Einwohner, sprach offen über die Umweltverschmutzung und forderte Sofortmaßnahmen zur wesentlichen Senkung der Umweltbelastung durch das BVW Espenhain. Neben dem 6. Umweltgottesdienst in Deutzen fand 1988 auch die spektakuläre Protestaktion "1 Mark für Espenhain" statt, die über die gigantische Umweltverschmutzung südlich der Messestadt Leipzig informierte. Die durch das CUR und den Ökologischen Arbeitskreis der Dresdner Kirchenbezirke ins Leben gerufene Aktion fand DDR-weit Beachtung.

Gemessen an ihrer Gesetzgebung verfolgte die DDR eine vorbildliche Umweltpolitik. In der Praxis aber wurden die hohen ökologischen Ansprüche nie erfüllt. Im Gegenteil, höchste Priorität besaß stets die Erfüllung der wirtschaftlichen Planvorgaben. Je größer der ökonomische Rückstand gegenüber den westlichen Industriestaaten wurde, desto mehr gerieten Umweltschutzaspekte in den Hintergrund, desto mehr wurden die eigenen Ressourcen schonungslos ausgebeutet. Zu keinem Zeitpunkt waren ausreichende Mittel zur Modernisierung vorhanden. Besonders die Verwendung der heimischen Braunkohle als Hauptenergieträger führte zu erheblichen Umweltschäden. Diese waren in Leipzig besonders drastisch zu spüren. Im bedeutendsten industriellen Ballungsraum gelegen, war Leipzig die am stärksten ökologisch belastete Großstadt der DDR. Eine öffentliche Diskussion über die augenscheinlichen Missstände ließ der SED-Staat nicht zu. Alle Daten über den Zustand der natürlichen Umwelt wurden streng geheim gehalten. Die täglich erfahrbaren ökologischen Missstände riefen aber in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre verstärkt Proteste hervor. Vermehrt schrieben Bürger Eingaben oder organisierten sich in unabhängigen Umweltgruppen unter dem Dach der Kirche. Aufgrund des Allmachtsanspruches der SED war jedoch jedes persönliche, staatsunabhängige Engagement für ökologische Belange ein oppositioneller Akt und wurde unterdrückt. Trotzdem erarbeiteten die Umweltgruppen Studien zur Umweltsituation, organisierten Aktionen wie die jährliche kirchliche Veranstaltung "Mobil ohne Auto" oder Baumpflanzungen. Dadurch wuchs ihre Kompetenz. Einige Basisgruppen versuchten bewusst, ökologische Themen zu politisieren. Die erste größere Aktion in Leipzig mit dieser Doppelfunktion war - anlässlich des Weltumwelttages - der Pleißemarsch am 5. Juni 1988. Im Leipziger Raum war besonders die Arbeitsgruppe Umweltschutz beim Jugendpfarramt (AGU) aktiv (siehe auch ein Protesttransparent gegen die chemischen Großbetriebe Leuna und Buna von den Leipziger Montagsdemonstrationen 1989).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 07.06.1988-12.06.1988
Hersteller: Christliches Umweltseminar Rötha, Rudolf Schumann, Maler und Grafiker
Maße: Breite: 29,65 cm; Länge: 42 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: schwarz, grün, rot
Verwendung: Protest und Demonstrationen, Information








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