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Inventar-Nr: 17826
Objekt: Plakat


Ankündigungsblatt für die Rockmeditation "Die letzten sieben Tage der Erde" der Band "Uferlos" in der Leipziger Reformierten Kirche anlässlich des Weltumwelttages 1989

Dieses selbst gestaltete Plakat bzw. Ankündigungsblatt informierte über das Begleitprogramm für den Umweltgottesdienst in der Leipziger Reformierten Kirche am 4. Juni 1989. Der Gottesdienst war Teil einer dreiteiligen kirchlichen Veranstaltung anlässlich des Weltumwelttages, deren Hauptaktion der vom Christlichen Arbeitskreis Weltumwelttag (AKW) organisierte 2. Pleißegedenkmarsch sein sollte. Da der Weltumwelttag 1989 aber auf einen Montag fiel und um auch Familien mit Kindern und eher unpolitischen Menschen die Teilnahme zu ermöglichen, verlegten die Organisatoren ihre Aktion auf Sonntag, den 4. Juni 1989. Mit dem Umzug entlang der Pleiße, eines Flusses der durch Leipzig fließt und 1956 wegen seines Gestankes teilweise unter die Erde verlegt wurde, sollte auf die unhaltbare Umweltsituation in der Stadt aufmerksam gemacht werden. Doch der unter dem Motto "Eine Hoffnung lernt gehen" organisierte "Pleißepilgerweg 1989" wurde von der SED und dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) offiziell verboten. Die zwei geplanten Gottesdienste und Informationsveranstaltungen im Rahmen des Marsches konnten jedoch nicht verhindert werden. Den abendlichen Umweltgottesdienst in der Reformierten Kirche besuchten dann auch über 600 Personen (vgl. auch den 1. Pleißegedenkmarsch ein Jahr zuvor).

Trotz des staatlichen Verbotes versuchten am 4. Juni 1989 rund 150 der über 1.000 Teilnehmer des Eröffnungsgottesdienstes in der Paul-Gerhard-Kirche in Connewitz auf der Route des geplanten Pilgerweges in die Leipziger Innenstadt zu gelangen. In der Folge wurden dabei 83 Personen von der Volkspolizei festgenommen. Trotz dieser rigiden Maßnahmen begann gegen 17.30 Uhr in der Reformierten Kirche der abschließende Umweltgottesdienst mit einer Rockmeditation der Gruppe "Uferlos" über den Text "Die letzten sieben Tage der Schöpfung [Erde]" von Jörg Zink (Pfarrer und einer der bekanntesten Sprecher der Friedens- und Ökologiebewegung in der Bundesrepublik). Zum Begleitprogramm dieses Abends gehörte auch ein Lichtbildervortrag über die Umweltsituation in Espenhain - gleichzeitig wurde auch für die Aktion "1 Mark für Espenhain" geworben. Ebenso zeigte man den von einer Umweltgruppe heimlich gedrehten und im westdeutschen Fernsehen ausgestrahlten Film "Bitteres aus Bitterfeld" und präsentierte die vom Christlichen Arbeitskreis Weltumwelttag (AKW) erarbeitete Ausstellung über die Pleiße. Eine Eingabe an den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit der Forderung nach "konsequenter Weiterführung der Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität der Pleiße" unterschrieben an diesem Tag insgesamt 437 Bürger. Mit der Eingabe protestierte der AKW zugleich gegen das Verbot des Pilgerweges und die Maßnahmen der Sicherheitskräfte. Der Abschlussgottesdienst der gegen 22.00 Uhr endete, stand unter massiver Beobachtung durch die Sicherheitskräfte. Demonstrativ standen die Einsatzfahrzeuge der Volkspolizei bereit - allein in der Löhrstraße warteten sieben voll besetzte Mannschaftswagen. Im Samisdatblatt der Arbeitsgruppe Umweltschutz beim Jugendpfarramt Leipzig, "Streiflichter" vom 10. Juli 1989, erschien ein ausführlicher Beitrag über den Pleißepilgerweg. Die Organisatoren wollten die Arbeit zum Thema Pleiße fortsetzen. Um auch über diesen Tag hinaus eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, brachte der AKW das offiziell nicht genehmigte Info-Heft "Die Pleiße" heraus, welches offen und fundiert über die ökologische Situation in Leipzig und den katastrophalen Zustand der Pleiße informierte (vgl. auch ein weiteres wichtiges Ereignis des Jahres 1989 in Leipzig - das verbotene Straßenmusikfestival).


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 04.06.1989
Hersteller: Christlicher Arbeitskreis Weltumwelttag Leipzig
Maße: Breite: 21 cm; Länge: 29,7 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: schwarz,
Aufschrift: rot, grün,
Stempel: grauviolett
Verwendung: Information, Protest und Demonstrationen








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