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Inventar-Nr: 17894
Objekt: Handzettel


Flugblatt gegen die Montagsdemonstration am 16. Oktober 1989 in Leipzig mit dem Aufruf "Nicht demonstrieren!"

Dieses zweiseitig bedruckte Flugblatt mit dem Aufruf "Nicht demonstrieren!" gehörte zu einer Kampagne der SED, mit der sie versuchte die Leipziger von der Teilnahme an der Montagsdemonstration am 16. Oktober 1989 abzuhalten. In dieser Kampagne sprachen sich scheinbar hervorragende und namhafte Persönlichkeiten sowie "breite Schichten der Bevölkerung" gegen Demonstrationen in Leipzig aus.

Trotz des friedlichen Verlaufes der Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 war eine militärische Lösung nach wie vor möglich. So hetzte der Chef der Leipziger Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei (BDVP), Generalmajor Gerhard Straßenburg, gegen die Demonstranten als "Randalierer und Rowdys" und ermahnte die Angehörigen der Polizei zu hoher "Wachsamkeit zum Schutz der Arbeiter- und Bauernmacht". Als Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates (NVR) befahl Erich Honecker, militärische Maßnahmen zur Verhinderung von weiteren Demonstrationen in Leipzig. Der Einsatz der Schusswaffe war allerdings untersagt. Zusätzlich ließ Honecker Militäreinheiten, darunter Fallschirmjäger der Nationalen Volksarmee (NVA) und Spezialkräfte des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), in die Messestadt verlegen. Für die Soldaten wurden extra "Gummiknüppel" bestellt. Insgesamt lagen 31 Hundertschaften der NVA für den 16. Oktober in Leipzig und der näheren Umgebung in Bereitschaft. Da Stasi-Minister Erich Mielke ein Übergreifen der Demonstration von Leipzig auf andere Orte befürchtete befahl er für den Montag allen Stasi-Mitarbeitern "grundsätzlich Dienst bis auf Widerruf". Gleichzeitig versuchte die SED mit Aufrufen und Dialogangeboten, die Zahl der Demonstranten möglichst gering zu halten, ihr oberstes Ziel war an diesem Montag eine Massendemonstration zu verhindern. Sie ließ durch Tageszeitungen, Rundfunk und Flugblätter Aufrufe unter dem Motto "Nicht demonstrieren!" verbreiten. Allein der von ihr ausgerufene Dialog sei als Mittel zur Lösung der bestehenden Probleme geeignet. Das Neue Forum wandte sich mit einer Erklärung gegen die Versuche der SED, die Leipziger von der Teilnahme an den Demonstrationen abzuhalten. Am 16. Oktober zogen nach den Friedensgebeten in fünf Leipziger Kirchen fast doppelt so viele Menschen über den Ring als in der Woche zuvor. Von den mindestens 120.000 Menschen wurden erstmals einige Transparente und Kerzen getragen. Die im Vergleich zum Vormontag bereitstehende, wesentlich größere Zahl von Sicherheitskräften kam nicht zum Einsatz. Auch an diesem Montag demonstrierten die Massen friedlich und enthielten sich jeder Gewalt. Erneut dokumentierten auch Fotografen und Kameraleute den mächtigen Demonstrationszug. Erstmals veröffentlichten nun auch überregionale Zeitungen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am nächsten Tag eine kurze Meldung des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes (ADN) über die eindrucksvolle Montagsdemonstration. Bei vielen Menschen wuchs die Hoffnung auf einen Zuwachs an demokratischen Grundrechten. Politische Veränderungen lagen nun fast spürbar in der Luft.


Sammlung: Plakatsammlung
Datierung: 16.10.1989
Hersteller: Sozialistische Einheitspartei Deutschland (SED)
Maße: Breite: 14,6 cm; Länge: 21,4 cm
Material: Papier
Farbe: Blatt: weiß,
Aufdruck: schwarz
Verwendung: Information, Protest und Demonstrationen









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