Die Abteilung M (Postkontrolle)

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Das Ministerium f?r Staatssicherheit (MfS) war nach dem sog. Linienprinzip organisiert: Die meisten Hauptabteilungen (HA) im Ministerium setzten sich als Abteilungen in den einzelnen Bezirksverwaltungen (BVfS) fort. Gemeinsam bildeten sie eine ?Linie?.

Die ?Linie M? bzw. die Abteilungen M (hie?en sowohl auf Bezirks- als auch auf Ministeriumsebene einfach ?Abteilung?) unterstanden dienstrechtlich der Hauptabteilung II (Spionageabwehr) und waren zust?ndig f?r die umfassende Kontrolle des gesamten DDR-Postverkehrs (in die DDR, aus der DDR, innerhalb der DDR). Urspr?nglich als ?Auffangstellen f?r antidemokratischen Schriftverkehr? (AfaS) der Abteilung VIa gegr?ndet, hatten die Postkontroll-Abteilungen zun?chst die Aufgabe, gedrucktes ?Hetzmaterial? aus dem Westen abzufangen. Doch nachdem die Abteilung VIa 1951 im Westen enttarnt worden war, wurde sie zum n?chsten Jahreswechsel zur ?M? umbenannt und ihre Aufgaben in den kommenden Jahren stark erweitert. Sie sollte u.a. zur Entlarvung von westlichen Agenten beitragen und auch der Auslandsaufkl?rung zuarbeiten. Einen Bedeutungszuwachs brachte der Mauerbau 1961: Die deutsch-deutsche Kommunikation ?ber den Post- und Telefonweg erhielt dadurch schlagartig gr??ere Bedeutung (vgl. auch Telefon?berwachung). Gleichzeitig richtete sich die ?berwachung aber auch immer mehr gegen die eigene Bev?lkerung, weshalb vor allem auch die Linie XX verst?rkt auf die Dienste der Abteilung M zur?ckgriff. In einem umfangreichen Handschriftenspeicher sammelte das MfS Schriftproben von DDR-B?rgern als Vergleichsmaterial f?r Fahndungen (zusammen mit ihrem Namen und der Personenkennzahl). Die steigende Wichtigkeit der Postkontrolle f?r das MfS spiegelt sich auch in der Entwicklung der Mitarbeiterzahlen wider: Von einigen Dutzend Mitarbeitern 1950 stieg die Zahl auf knapp 2.200 im Jahr 1989, davon allein 133 in Leipzig.

Die Arbeitsweise der Abteilung M war wie folgt: Grunds?tzlich war die ?bergabe der gesamten Post an die Stasi der Bearbeitung durch die Deutsche Post vorgeschaltet. Die Abteilung M sortierte die aufgrund der Adresse oder ?u?eren Merkmale verd?chtigen Briefe aus, ?ffnete diese, kopierte und untersuchte sie gegebenenfalls und verschloss sie anschlie?end wieder - m?glichst, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Konkrete Fahndungsauftr?ge wurden von den operativen Abteilungen (z.b. Linie XX) erteilt. Erst nach der Kontrolle durch das MfS, das innerhalb der Post unter der Tarnbezeichnung ?Stelle 12? firmierte, gingen die Sendungen ihren vorgesehenen Weg - sofern sie nicht einbehalten wurden. Dies traf z.B. Post, die eindeutig ?feindlich-negativen? Kr?ften zuzuordnen oder an westliche Medien gerichtet war. Der jeweilige Absender konnte mit den Methoden der Schriftenfahndung und sonstiger Fahndung ermittelt und im Rahmen eines Operativen Vorgangs (OV) ?bearbeitet? werden. Die Mitarbeiter der Abteilung M traten als Besch?ftigte der Post auf, trugen deren Uniformen und erhielten offiziell die gleichen Lohn- und Sozialleistungen (vgl. Legende). Ihre Arbeitsbereiche waren jedoch streng von der ?brigen Post abgeschlossen. Bis Anfang der 1970er Jahre wurden alle Briefe manuell ge?ffnet und geschlossen. Ab 1975 kam der vom ?Operativ-technischen Sektor? (OTS) des MfS mitentwickelte ?ffnungsautomat 10/10 zum Einsatz, 1981 wurden auch Schlie?automaten eingef?hrt, wodurch die Zahl der verarbeiteten Briefe von 400 auf 1.000 pro Schicht gesteigert werden konnte. Auch s?mtliche Telegramme, die in den Post?mtern der gro?en St?dte ankamen, wurden parallel der Stasi ?bermittelt. Die Paketkontrolle erledigte die Abteilung M/4, die sich gegen?ber den Mitarbeitern der Post und des Postzollamtes als ?Postzollfahndung? und somit als Dienststelle der Zollverwaltung ausgab. Die Kontrollmechanismen f?r Pakete waren die gleichen wie f?r Briefe. Allerdings wurden die Pakete nur in verh?ltnism??ig geringem Umfang vom MfS ge?ffnet, da sie anschlie?end auch noch durch den Zoll kontrolliert (ger?ntgt und ggf. ge?ffnet) wurden.

Die Postkontrolle war f?r die Stasi nicht nur ein Mittel im Kampf gegen ?politisch-ideologische Diversion? und ?politische Untergrundt?tigkeit? (PiD und PUT), sondern auch eine recht lukrative Devisenquelle: In Briefen gefundenes Geld und bestimmte Wertgegenst?nde wurden grunds?tzlich entnommen und einbehalten. Allein in den letzten f?nf Jahren der DDR entnahmen die Briefkontrolleure des MfS Zahlungsmittel im Wert von ?ber 32 Mio. DM aus der Post. Auch die fehlgeleiteten Pakete aus der Bundesrepublik (sog. ?Irrl?ufer?) behielt das MfS einfach ein - zuletzt 600 Pakete monatlich. Der daraus resultierende Gesamtschaden wurde 1992 auf ?ber 10 Mio. Ostmark gesch?tzt.


Glossar
Literatur