Die Kreisdienststellen des Ministeriums f?r Staatssicherheit (KDfS)

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Die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wies mit dem am 23. Juli 1952 verabschiedeten Gesetz eine Neugliederung der bisherigen Verwaltungsstruktur an. Hiermit sollte die bis dahin bestehende f?deralistische L?nderstruktur aufgel?st und durch eine zentralistische Bezirksstruktur mit darunter liegenden Kreiseinheiten ersetzt werden (14 Bezirke und 217 Kreise). Aus den L?ndern Th?ringen entstanden die Bezirke Erfurt, Gera und Suhl, aus Sachsen die Bezirke Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz), Dresden und Leipzig, aus Sachsen-Anhalt die Bezirke Halle und Magdeburg, aus Brandenburg die Bezirke Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus und aus Mecklenburg die Bezirke Rostock, Schwerin und Neubrandenburg. Berlin konnte anf?nglich nicht in die Umstrukturierung mit einbezogen werden, da die Stadt unver?ndert der Vierm?chtekontrolle und den entsprechenden Komendatura unterworfen war. In der DDR gab es dennoch die 15 R?te der Bezirke (einschlie?lich Ost-Berlins). Sp?ter wurde Berlin schlie?lich offiziell der 15. Bezirk der DDR.

Im gleichen Ma?e wurde mit den fr?heren Landesverwaltungen des 1950 gebildeten Ministeriums f?r Staatssicherheit (MfS) verfahren. An ihrer Stelle richtete man die Bezirksverwaltungen f?r Staatssicherheit (BVfS) ein. Gleichzeitig entstanden ? entsprechend der Anzahl der Kreise eines Bezirkes ? die Kreisdienststellen f?r Staatssicherheit (KDfS), die in den Verantwortungsbereich der jeweiligen Bezirksverwaltung fielen. In einigen Bezirken wurden in ?sicherheitssensiblen? Objekten (wichtigen Betrieben und Einrichtungen) zus?tzlich noch Objektdienststellen (OD) ? objektbezogene Dienststellen des MfS ? eingerichtet, die den politische Status von Kreisdienststellen besa?en.

Die Mitarbeiterzahlen der Kreis- und Objektdienststellen in den Bezirken unterschieden sich, sie resultierten einerseits aus der Anzahl der Kreise bzw. der Objekt-St?tzpunke, andererseits aber auch aus der politischen Bedeutung bestimmter Kreise und der Einwohnerzahl in den Kreisen. In den St?dten verf?gten die Kreisdienststellen zumeist ?ber eine gro?e Anzahl von hauptamtlichen Mitarbeitern (1989 arbeiteten z.B. in der KD Leipzig-Stadt 210 Mitarbeiter) w?hrend in manchen Kreisen auf dem Land teilweise nur 25 Mitarbeiter ihre Arbeit versahen (1989 arbeiteten z.B. in der KD Geithain 27 Mitarbeiter).

In den Kreisdienststellen waren ca. 7.000 hauptamtliche Mitarbeiter unmittelbar mit der operativen Arbeit besch?ftigt und ca. 2.800 Mitarbeiter widmeten sich operativ-technischen, organisatorisch-administrativen und sicherstellenden Aufgaben. F?r die Bewachung der Objekte waren ca. 1.000 weitere Mitarbeiter zust?ndig. Aus struktureller Sicht waren die Kreis- und Objektdienststellen anders aufgebaut als die Bezirksverwaltungen des Ministeriums f?r Staatssicherheit (BVfS). Der Grund war, dass sie ein bestimmtes abgegrenztes Territorium zu bearbeiten, geheimdienstlich abzusichern und zu kontrollieren hatten. Da sich in den KDfS gegen?ber dem Ministerium und den BVfS die Strukturglieder verringerten, wobei hier die gr??ten Struktureinheiten Referate und Arbeitsgruppen waren, b?ndelten sich hier in starkem Ma?e auch alle Aufgaben. Das hatte zur Folge, dass der Grad der Spezialisierung bzw. der Arbeitsteilung abnahm und damit auch die Verantwortung der Kreisdienststellenleiter stieg, da sie f?r die operative Arbeit in ihrem Kreisgebiet voll verantwortlich waren. Die Leiter der KDfS wurden deshalb nur auf pers?nlichen Befehl Erich Mielkes eingesetzt und auch wieder abberufen. Vom Minister f?r Staatssicherheit gab es daher eine direkte Verbindung zu den Leitern der Bezirksverwaltungen und von diesen zu den Kreisdienststellenleitern der zust?ndigen KDfS im Bezirk. Eine Weisungsbefugnis zwischen den einzelnen Abteilungen auf zentraler, Bezirks- und Kreisebene bestand indessen nicht. Dadurch verhinderte man, dass die Aufgaben der Diensteinheiten des Ministeriums und der Bezirksverwaltungen (?Linienaufgaben?) an die KDfS ?bertragen wurden.

Den Kreisdienststellen oblag die totale Kontrolle des zugeh?rigen Kreisgebietes, hier zeigte sich der voll entfaltete Machtapparat des ?berwachungsstaates mit seiner fl?chendeckenden und l?ckenlosen Bespitzelung der eigenen Bev?lkerung. Zu den vielen Aufgabenfeldern der KDfS geh?rten u.a. die Kontrolle und Bek?mpfung der im politischen Untergrund wirkenden Kr?fte (z.B. oppositionelle und kirchliche Gruppen), die Bek?mpfung und Verhinderung von Straftaten durch ?bersiedlungsersuchende (Ausreisewillige), Sicherung der Reise-, Auslands- und Verhandlungskader sowie der operativen Kontrolle der aus kommerziellen Gr?nden einreisenden Personen aus dem Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW), Schutzma?nahmen f?r die Volkswirtschaft, Absicherung von gesellschaftlichen Ereignissen usw. Allein 60% aller operativen Vorg?nge zu Einzelpersonen bearbeiteten die KDfS. Mit den zur Verf?gung stehenden hauptamtlichen Mitarbeitern konnten all diese Aufgaben aber nicht bew?ltigt werden. Deshalb erfolgte eine intensive Zusammenarbeit mit den anderen staatlichen Organen, gesellschaftlichen Organisationen, Betrieben und Institutionen mit ihren Kaderabteilungen, den ?rtlichen R?ten usw. Auf diese Weise konnten die KDfS ihre Informationsbed?rfnisse gr??tenteils befriedigen. Die Erf?llung der Aufgaben wurde zus?tzlich durch den intensiven Einsatz von Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) erreicht, so fielen allein 50% der in der DDR eingesetzten IM in den Verantwortungsbereich der KDfS. Im Gegensatz dazu verf?gten diese nur ?ber ca. 13% der hauptamtlichen Mitarbeiter des MfS.

Jeder Kreisdienststellenleiter war Mitglied der SED-Kreisleitung und direkt mit dem 1. Sekret?r der SED-Kreisleitung, der nahezu uneingeschr?nkt im Kreisgebiet herrschte, verbunden. Ihm erstattete er, zumeist w?chentlich, einen Bericht zur Lage im Kreisgebiet. Weiterhin geh?rte jeder Leiter einer KDfS der Kreiseinsatzleitung (KEL) an, die im Verteidigungszustand die gesamtstaatliche Leitung im Territorium wahrzunehmen hatte. Der KEL geh?rten au?erdem noch an, der 1. Sekret?r der SED-Kreisleitung, zugleich Vorsitzender, der Leiter des Wehrkreiskommandos der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA), der Leiter des Kreisamtes bzw. einer Inspektion der Deutschen Volkspolizei (DVP), der Vorsitzende des Rates des Kreises, der 2. Sekret?r der SED-Kreisleitung, zugleich Stellvertreter des Vorsitzenden und der Leiter f?r Sicherheit der SED-Kreisleitung, zugleich Sekret?r. Auch auf Bezirksebene gab es eine Einsatzleitung ? die Bezirkseinsatzleitung (BEL) ? die analog zusammengesetzt war.

Nach einem Stand von 1987 arbeiteten in den 218 Kreis- und Objektdienststellen insgesamt 10.830 Mitarbeiter, in den 13 Kreisdienststellen des Bezirkes Leipzig (Altenburg, Borna, Delitzsch, D?beln, Eilenburg, Geithain, Grimma, Leipzig-Land, Leipzig-Stadt, Oschatz, Schm?lln, Torgau und Wurzen) allein 753 Mitarbeiter.


Glossar
Literatur