Aktenvernichtung und virtuelle Rekonstruktion

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Erich Mielke erteilte Ende Oktober 1989 die ersten Befehle zur Vernichtung von Unterlagen des Ministeriums f?r Staatssicherheit (MfS). Als am 13. November 1989 das MfS in Amt f?r Nationale Sicherheit (AfNS) umgewandelt wurde, vers?umte es dessen neuer Leiter, der ehemalige Mielke-Stellvertreter Wolfgang Schwanitz nicht, die Anweisungen zur Aktenvernichtung zu erneuern. Unter der ?Aktion Rei?wolf? lief die umfangreiche Vernichtung des MfS-Aktenbestandes. Die Ger?te zur Aktenvernichtung (Papierh?cksler, Aktenvernichtungsmaschinen bzw. ?Verkollerungsmaschinen?) konnten jedoch nicht so schnell arbeiten wie Akten vernichtet werden sollten. Deshalb wurden Akten und Unterlagen auch auf M?lldeponien verbrannt, tausende S?cke Aktenmaterial aber auch per Hand zerrissen und gelagert um sie sp?ter noch vollst?ndig zu vernichten.

Trotz strengster Geheimhaltung blieb der Bev?lkerung in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die gro? angelegte Vernichtungsaktion nicht verborgen und sorgte f?r Unmut und Emp?rung. Daraufhin besetzten w?tende B?rger bereits am 4. Dezember 1989 die Bezirksverwaltungen f?r Staatssicherheit (BVfS) in Erfurt, Leipzig, Suhl und Rostock. In den Folgetagen kam es zu weiteren Besetzungen. Zudem wies Wolfgang Schwanitz am Nachmittag des 4. Dezember 1989 den unverz?glichen Stopp der Aktenvernichtung an. Dies war jedoch noch nicht deren endg?ltiges Ende. Beispielsweise wurden noch im Februar 1990 unwiederbringlich die elektronischen Datentr?ger des MfS mit Zustimmung des - in dieser Sache ma?los get?uschten - Zentralen Runden Tisches (ZRT) zerst?rt.

Erhalten geblieben sind ca. 180 Kilometer Unterlagen des MfS, was sch?tzungsweise der H?lfte des urspr?nglichen Aktenmaterials entspricht. Tausende S?cke (ca. 15.000 St?ck) vorvernichteter Akten, also zerrissenes, aber noch nicht endg?ltig zerst?rtes Material, wurden in den Archiven des Bundesbeauftragten f?r die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) eingelagert. Dieser hat die Aufgabe diese zu verwalten.

Um dieses Material zu erhalten und bestenfalls noch auswerten zu k?nnen, begann 1995 die manuelle Rekonstruktion. Da dies ein eher langwieriger Prozess ist, wurde ab 2003 nach M?glichkeiten einer IT-gest?tzten Rekonstruktion gesucht. Seit 2007 wird in einem einmaligen Pilotverfahren die virtuelle Rekonstruktion am Fraunhofer Institut f?r Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (Fraunhofer IPK) erprobt. Insgesamt 400 S?cke zerkleinertes Aktenmaterial werden mit einem Hochleistungsscanner digitalisiert. Die Digitalisate werden anhand verschiedener Merkmale daraufhin virtuell zusammengesetzt. Die Zusammensetzung erfolgt nicht nur in Einzelseiten, das Verfahren leistet auch die Zusammenf?hrung ganzer Vorg?nge bzw. Akten.


Glossar
Literatur